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Patienten mit nicht-diabetischer Proteinurie unter ACE-Hemmer-Therapie: Weitere Blutdrucksenkung mit Felodipin verlangsamt nicht das Fortschreiten der Niereninsuffizienz. Die REIN-2-Studie

ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten (Sartane) wirken dem Fortschreiten proteinurischer Nierenerkrankungen besser entgegen als andere Antihypertensiva. Es stellt sich die Frage, ob eine weitere Senkung des Blutdrucks, z.B. mit einem lang wirkenden Dihydropyridin-Kalziumantagonisten, die Verschlechterung der Nierenfunktion zusätzlich verlangsamen kann.

P. Ruggenenti et al. aus Bergamo und anderen, überwiegend italienischen nephrologischen Zentren veröffentlichten kürzlich im Lancet (1) die REIN-2-Studie, in die 335 Patienten (mittleres Alter ca. 53 Jahre; ca. 75% Männer) mit verschiedenen Nierenerkrankungen (ohne Typ-1-Diabetes, ohne gefäßbedingte Nierenerkrankungen, ohne Kortikosteroid- bzw. immunsuppressive Behandlung) aber mit Proteinurie > 1g/d (durchschnittlich 2,9 g/d) und einer Kreatinin-Clearance < 70 ml/min/1,73 m2 eingeschlossen wurden. Untersucht wurde, ob eine nachdrückliche Senkung des Blutdrucks auf < 130/< 80 mm Hg mittels Felodipin (5-10 mg/d) die zu erwartende Verschlechterung der Nierenfunktion stärker verzögert als eine „konventionelle” antihypertensive Therapie mit dem Ziel eines diastolischen Blutdrucks < 90 mm Hg. Alle Patienten durften initial keine ACE-Hemmer nehmen, wurden dann über sechs Wochen auf 2,5-5 mg/d Ramipril eingestellt, wonach basale renale Parameter (z.B. drei 24-Stunden-Urine hinsichtlich Proteinurie sowie Kreatinin-Clearance etc.) ermittelt wurden. Danach wurden die Patienten doppeltblind und plazebokontrolliert in die Gruppen „Felodipin” oder „konventionell” randomisiert. Neben Ramipril waren als Therapeutika auch Diuretika, Sympathikolytika und Betablocker erlaubt. Felodipin und Ramipril wurden von den Herstellerfirmen offenbar gratis zur Verfügung gestellt, jedoch hatten die Firmen nach Aussagen der Autoren keinen Einfluss auf Planung oder Evaluation der Studie.

Ab drei Monate nach Ramdomisierung war der mittlere arterielle Blutdruck in der Felodipin-Gruppe um ca. 3 mm Hg (systolisch 4, diastolisch 3) niedriger als in der konventionellen Gruppe, deren Patienten etwas häufiger als die der Felodipin-Gruppe andere als die Studien-Antihypertensiva einnahmen. Nach 19 Monaten Therapie, als die Studie auf Anraten des Aufsichtsgremiums wegen Ergebnislosigkeit (futility) abgebrochen wurde, hatten 23% der Patienten der Felodipin-Gruppe und 20% der konventionellen Gruppe das Stadium der terminalen Niereninsuffizienz erreicht. Die Ergebnisse waren bei Patienten mit einer basalen Proteinurie von < oder ≥ 3 g/d nicht unterschiedlich.

Der Abfall der Kreatinin-Clearance (nur bei 173 Patienten mit der Iohexol-Methode gemessen) und die Änderung der Proteinurie waren in beiden Gruppen ähnlich. Drei Patienten der konventionellen und zwei der Felodipin-Gruppe waren gestorben, während 25 versus 37 Patienten schwere kardiale bzw. vaskuläre Komplikationen (Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz, Schlaganfall) erlitten hatten.

Bei Typ-2-Diabetikern unter ACE-Hemmer-Therapie ist eine zusätzliche Blutdrucksenkung mit Verapamil (einem Nicht-Dihydropyridin-Kalziumantagonisten) nicht renoprotektiv im Hinblick auf das Auftreten der Mikroalbuminurie (2, 3). Eine Metaanalyse von elf Studien an 1860 Patienten ergab, dass die Senkung des Blutdrucks auf < 110 mm Hg systolisch mit ACE-Hemmern und anderen Medikamenten bei Patienten mit Proteinurie die Verschlechterung der Nierenfunktion sogar akzeleriert (4). Systolische Werte zwischen 120 und 130 mm Hg scheinen in dieser Hinsicht optimal zu sein. Weitere Überlegungen finden sich in einem Kommentar zur REIN-2-Studie von P.E. de Jong und D. de Zeeuw aus Holland (5), z.B., ob möglicherweise die Verringerung der Proteinurie primär wichtiger für den renoprotektiven Effekt einer Therapie ist als eine stärkere Senkung des systemischen Blutdrucks.

Fazit: Bei Nierenkranken mit Proteinurie (Patienten mit Typ-1-Diabetes sowie mit renovaskulären, obstruktiven bzw. infektiösen Nierenerkrankungen ausgenommen), die bereits einen ACE-Hemmer nehmen, hat eine zusätzliche moderate Blutdrucksenkung mit Felodipin keinen nephroprotektiven Effekt. Eine zu starke Blutdrucksenkung kann die Verschlechterung der Nierenfunktion beschleunigen.

Literatur

  1. Ruggenenti, P., et al. (REIN-2 = Ramipril Efficacy In Nephropathy trial 2): Lancet 2005, 365, 939.
  2. Ruggenenti, P., et al. (BENEDICT = BErgamo NEphrologic DIabetes Complications Trial): N. Engl. J. Med. 2004, 351, 1941.
  3. AMB 2004, 38, 91.
  4. Jafar, T.H., et al. (AIPRD = ACE Inhibition in Progressive Renal Disease study group): Ann. Intern. Med. 2003, 139, 244.
  5. De Jong, P.E., und de Zeeuw, D.: Lancet 2005, 365, 913.