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Wachstumsfaktoren bei peripherer arterieller Verschlußkrankheit

Eine randomisierte plazebokontrollierte Phase-II-Studie mit dem Akronym TRAFFIC (TheRapeutic Angiogenesis with recombinant Fibroblast growth Factor-2 for Intermittent Claudication) hat den Nutzen und die Sicherheit von Gefäß-Wachstumsfaktoren bei peripherer arterieller Verschlußkrankheit (pAVK) untersucht (Lederman, R.J., et al.: Lancet 2002, 359, 2053; s.a. AMB 1998, 32, 61.).

In diese Multicenterstudie wurden insgesamt 190 Patienten mit pAVK (im Mittel 67 Jahre, 75% Männer, 82% Raucher, 35% mit Diabetes) und einer mittleren bis schweren Claudicatio (mittlere Gehzeit 5,4 min auf dem Laufband) eingeschlossen und in 3 Gruppen doppeltblind behandelt: Plazebo, Einmal-Bolus Wachstumsfaktor oder Zweimal-Bolus Wachstumsfaktor. Bei dem verwendeten Wachstumsfaktor handelte es sich um rekombinanten ”Basic Fibroblast Growth Factor 2” (rFGF-2), welcher in vitro und in vivo eine Angiogenese einleitet. Alle Patienten wurden für die Studie angiographiert, und die Studienmedikation wurde intraarteriell (in beide Femoralarterien) appliziert.

Die Nachbeobachtungszeit betrug 180 Tage. Primärer Studienendpunkt war die Veränderung der Gehdauer zwischen Studienbeginn und nach 90 Tagen. Sekundäre Endpunkte waren die Gehdauer nach 180 Tagen, der Dopplerverschlußdruck-Quotient Knöchel/Brachialarterie und die ”Lebensqualität”. Weiterhin wurden die unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) und die Laborveränderungen erfaßt. Die Begleitmedikation der Patienten war den behandelnden Ärzten freigestellt. So erhielten 73% ASS, 21% einen anderen Thrombozytenfunktionshemmer, 19% Antikoagulanzien, 64% einen Fettsenker, 41% Betablocker und 49% einen ACE-Hemmer.

Ergebnisse: Die klinischen Ergebnisse nach 90 Tagen (primärer Endpunkt) lagen von 174 Patienten (92%) vor. Die Patienten der Plazebo-Gruppe (n = 63) steigerten die Gehdauer auf dem Laufband um 0,6 Minuten (+14%), die Gruppe mit Verum-Einfachinfusion (n = 66) um 1,77 Minuten (+34%) und die Gruppe mit Verum-Doppelinfusion (n = 61) um 1,54 Minuten (+20%). Die Zunahme der Gehdauer war in beiden Verum-Gruppen signifikant größer als in der Plazebo-Gruppe. Der Knöchel-Brachial-Quotient nahm minimal (um 0,05, aber statistisch signifikant) in den Verum-Gruppen zu. Die Subgruppe der Raucher profitierte rechnerisch von der Gabe des Angiogenesefaktors am meisten.

Nach 180 Tagen betrug die Zunahme der Gehdauer in der Plazebo-Gruppe 1,44 Minuten, in der Verum-Einzelbolus-Gruppe 1,8 Minuten und in der Verum-Doppelbolus-Gruppe 1,5 Minuten. Die Unterschiede waren nicht mehr signifikant, und auch bei der ”Lebensqualität” gab es keine Unterschiede zwischen Verum und Plazebo.

UAW traten in beiden Gruppen etwa gleich häufig auf, wobei eine Proteinurie (10% vs. 3%) vermehrt in den Verum-Gruppen gemessen wurde. Der Pathomechanismus dieser Nierenschädigung ist nicht bekannt. Insgesamt ist die Dauer der Nachbeobachtungsphase und die Patientenzahl zu gering, um eine zuverlässige Aussage über die Sicherheit dieser Therapie machen zu können. Es gibt Befürchtungen, daß der Einsatz solcher Wachstumsfaktoren u.a. zu vermehrter Tumorentstehung und Atherosklerose führt.

Fazit: In der TRAFFIC-Studie wurden erstmals bei einer größeren Patientengruppe mit pAVK ein Gefäß-Wachstumsfaktor therapeutisch angewendet. Es kam für einen begrenzten Zeitraum, aber nicht anhaltend, zu einer Verbesserung der maximal tolerierten Gehdauer, nicht aber zu einer Zunahme der ”Lebensqualität”. Insgesamt sind diese Ergebnisse eher enttäuschend, vor allem, wenn man bedenkt, wie viele Hoffnungen in dieser Therapieform stecken. Nun müssen vorrangig die schwerwiegenden Sicherheitsbedenken mit Hilfe größerer Studien und längerfristigen Nachbeobachtungen geklärt werden.