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Mikro-RNS – eine neue Zielstruktur zur Behandlung der chronischen Hepatitis C

Weltweit sind ca. 150 Millionen Menschen chronisch mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) infiziert (1). Wir haben in den letzten Jahren immer wieder über neue Entwicklungen in der Therapie berichtet (2-4). Trotz dieser Fortschritte wird bei ca. 30% nicht vorbehandelter Patienten mit chronischer Hepatitis C Genotyp 1 und bei ca. 70% der „Non-Responder” keine anhaltende Viruselimination (SVR = Sustained Virologic Response) erreicht. Um diesen Patienten zu helfen, sind neue Wege notwendig. Nun wird in einer klinischen Phase-2a-Studie ein völlig neuer Therapieansatz vorgestellt (5).

Das HCV benötigt für seine Stabilisierung und Vermehrung die zelluläre Mikro-RNS miR-122 in den infizierten Leberzellen. Die in der Leber produzierte Mikro-RNS miR122 besteht aus ca. 22 Nukleotiden und regelt die posttransskriptionelle Genexpression, indem sie am 3’ Ende untranslatierter m-RNA bindet und so deren Abbau verhindert (6). Auf diese Weise werden wichtige biologische Prozesse des Zellwachstums, der Zelldifferenzierung und der Apoptose reguliert (7). Diese Mikro-RNS bindet auch an zwei Bereiche der HCV-RNS und verhindert damit deren Abbau (8). Miravirsen, ein 15-Nukleotid-Antisense Oligonukleotid mit hoher Bindungsaffinität zur Mikro-RNS miR122, spaltet diese und blockiert damit ihre Wirkung auf die HCV-RNS. Bei Schimpansen mit chronischer Hepatitis-C-Infektion supprimierte Miravirsen lang anhaltend die Virusreplikation (9).

Über die Wirkung und Kurzzeit-Sicherheit von Miravisen bei Menschen mit chronischer HCV-Infektion wurde jetzt in einer Phase-2a-Studie an insgesamt 36 Patienten mit chronischer Hepatitis C Genotyp 1 berichtet (5). Die Ausgangscharakteristika waren bei allen Patienten sehr ähnlich. Sie wurden in die Gruppen 1-4 randomisiert (jeweils n = 9). Die Dosierungen waren in den Gruppen 3 mg bzw. 5 mg bzw. 7 mg Miravirsen/kg Körpergewicht oder Plazebo. Die Applikation erfolgte fünfmal pro Woche s.c. insgesamt 29 Tage lang. Die Patienten wurden 18 Wochen nachverfolgt.

Miravirsen führte zu einer dosisabhängigen Unterdrückung der Virusreplikation. Die mediane maximale Unterdrückung der HCV-Viruslast vom Ausgangswert (log10 IU/ml Blut) verteilte sich wie folgt auf die vier Gruppen: 1,2 (p = 0,01); 2,9 (p = 0,003) und 3,0 (p = 0,002) verglichen mit Plazebo. 14 Wochen nach Therapieende war die HCV-RNS bei einem Patienten aus der 5 mg-Gruppe und bei vieren aus der 7 mg-Gruppe nicht mehr nachweisbar. Es wurden keine Mutationen im Bereich der Mikro-RNS miR122-Bindungsstelle nachgewiesen. Die UAW zwischen Plazebo- und den Miravirsen-Gruppen waren nicht unterschiedlich, bis auf zwei Patienten in der 7 mg-Gruppe mit Brennen und Rötung an der Einstichstelle. Beides bildete sich spontan zurück.

Dieser neue Wirkmechanismus könnte in Kombination mit den bisher schon zugelassenen Therapieoptionen bei der chronischen Hepatitis C die Ansprechraten noch weiter steigern. Allerdings sind die eventuellen Langzeit-UAW gut im Auge zu behalten, denn die Mikro-RNS spielt eine wichtige Rolle bei der Verhinderung von Leberverfettung, -fibrose und auch -karzinom (10). Somit könnte eine längere Unterdrückung der Mikro-RNS gerade die Krankheiten begünstigen, die eigentlich durch die Behandlung der Hepatitis C verhindert werden sollen.

Fazit: Die Blockade der Mikro-RNS ist ein neuer Therapieansatz zur Behandlung der chronischen Hepatitis C. Größere Studien und Langzeit-Beobachtungen müssen zeigen, wie wirksam diese Therapie ist und ob sie möglicherweise das Risiko für Leberkrebs erhöht.

Literatur

  1. WorldHealth Organization. Hepatitis C Fact Sheet. Link zur Quelle (Letzter Zugriff: 2.4.2013)
  2. AMB 2009, 43,36. Link zur Quelle
  3. AMB 2010, 44,68 Link zur Quelle ; AMB 2011, 45, 44 Link zur Quelle ; AMB 2011, 45,51. Link zur Quelle
  4. AMB 2012, 46,11a. Link zur Quelle
  5. Janssen,H.L.A., et al.: N. Engl. J. Med. 2013, 368, Link zur Quelle
  6. Ambros, V.:Nature 2004, 431, 350. Link zur Quelle
  7. Bartel, D.P.: Cell 2004, 116, 281. Link zur Quelle
  8. Jopling, C.L., et al.: Science 2005, 309, 1577. Link zur Quelle
  9. Lanford, R.E., et al.: Science 2010, 327, 198. Link zur Quelle
  10. Tsai, W.C., et al.: J. Clin. Invest. 2012, 122, 2884. Link zur Quelle