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Leserbrief: Medroxyprogesteron nach Myomexstirpation und Kinderwunsch

Frage von Dr. C.S. aus Essen: >> Bitte informieren Sie mich über Vor- und Nachteile des Einsatzes von Medroxyprogesteron (MPA; Depo-Clinovir u.a.) bei einer 37jährigen Nullipara mit Kinderwunsch bei Zustand nach Entfernung eines 6 x 8 cm großen Uterusmyoms per laparatomiam. In der Uterus-Vorderwand befinden sich weitere kleine Myome. In den ersten sechs Wochen nach der Operation hat die Patientin unregelmäßige, etwas verstärkte Blutungen gehabt. <<

Antwort: >> Mittels Depo-Clinovir (150 mg Medroxyprogesteronazetat in Abständen von drei Monaten i.m. injiziert) läßt sich durch Suppression der Steuerungshormone FSH und LH eine nahezu vollständige Funktionsruhe der Eierstöcke herbeiführen. Die Folge davon ist ein Östrogenentzug, der das Wachstum von Myomen, welche östrogenabhängig sind, hemmt. Andererseits kann MPA aber bei Langzeitanwendung (d.h. > 6-12 Monate) zu einer leichten Minderung der Knochendichte führen. Der Knochendichteverlust ist allerdings keine Kontraindikation für die Anwendung von MPO für wenige Jahre.

Durch den Östrogenmangel kommt es bei den meisten Patientinnen nach längerer Anwendung zur Amenorrhö bzw. zu unregelmäßigen Blutungen. Auch Hitzewallungen und andere klimakterische Beschwerden sind möglich. Manche Patientinnen reagieren bei längerer Anwendung von MPA mit Seborrhö, Akne und Gewichtszunahme (in Ausnahmefällen mehrere kg). Bei Prädisposition ist das Thromboserisiko leicht erhöht. Das Risiko für Mammakarzinom unter MPA war in einer großen Studie der WHO und in einer Studie aus Neuseeland bei Langzeit-Anwenderinnen in der Dritten Welt nicht signifikant erhöht. In einer Untergruppe, d.h. bei Betrachtung der Anwendung in den ersten 5 Jahren, fand sich jedoch eine signifikante Zunahme des Risikos. Diese Beobachtung gewinnt im Zusammenhang mit der WHI(Women’s Health Initiative)-Studie, die im MPA-Studienarm ebenfalls eine Zunahme von Mammakarzinomen fand, neue Bedeutung (JAMA 2002, 288, 321; s.a. AMB 2001, 35, 17 und 2002, 36, 68).

Was Ihre 37jährige Patientin mit Kinderwunsch betrifft, so sehen wir keinen Grund zur Besorgnis, wenn sie – bei guter Verträglichkeit – für ein bis zwei Jahre mit MPA behandelt wird, falls es ihre persönliche Situation nicht erlaubt, doch schon früher schwanger zu werden. Vom medizinischen Standpunkt aus wäre zu wünschen, daß sie ab dem 3. Monat nach der vorgenannten Operation ihren Kinderwunsch erfüllt. Bis dahin ist der Heilungsprozeß (Narbenbildung) sicher abgeschlossen, so daß eine weitere Verzögerung der Schwangerschaft aus medizinischen Gründen nicht notwendig ist. Um die postoperative Regenerationsphase zu überbrücken, wären eine kontrazeptive „Kombinationspille“ oder eine niedrig-dosierte „Gestagen-Pille“ (z.B. 30 µg Levonorgestrel/d wie in Microlut) gute Alternativen zum Depo-Clinovir. <<