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Palliative Chemotherapie des kolorektalen Karzinoms. Verbesserung der „Lebensqualität“ und Verlängerung der Überlebenszeit

Die adjuvante und palliative Chemotherapie ist fester Bestandteil in der Behandlung kolorektaler Karzinome. Die bisher wichtigste Substanz ist 5-Fluorouracil (5-FU). In mehreren Studien konnte bei Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom ein lebensverlängernder Effekt und eine Verbesserung der „Lebensqualität“ durch 5-FU und Kalziumfolinat erzielt werden. Kommt es unter dieser Therapie zu einer Progression der Tumorerkrankung, ist die Therapie mit lrinotecan eine weitere Therapieoption. lrinotecan ist ein Topoisomerase-l-lnhibitor, der die DNA-Replikation hemmt und so wahrscheinlich die Zellteilung blockiert.

Von D. Cunningham et al. (Lancet 1998, 352, 1413) wurde in einer randomisierten Studie untersucht, ob Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom, die nicht mehr auf 5-FU ansprachen, von einer Behandlung mit lrinotecan profitieren. In die Studie wurden 279 Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom aufgenommen. Bei allen Patienten mußte eine Progression der Tumorerkrankung (Zunahme der Metastasengröße oder Anstieg des CEA) dokumentiert sein. Alle Patienten hatten vor Einschluß in die Studie eine adjuvante und/oder eine bzw. zwei palliative chemotherapeutische Behandlungen mit 5-FU erhalten. Die Patienten wurden mit einem 2:1-Verhältnis in eine Gruppe lrinotecan plus „Best supportive care“ bzw. in eine Gruppe mit nur „Best supportive care“ randomisiert. Irinotecan wurde alle drei Wochen (350 mg/m2 bzw. 300 mg/m2 bei Patienten über 70 Jahren bzw. bei einem WHO-Status 2) als Kurzinfusion über 90 Minuten verabreicht. Das „Best-supportive-care“-Konzept umfaßte bei Bedarf Antibiotika, Analgetika, Transfusionen, Kortikosteroide und jede andere symptomatische Therapie sowie eine psychotherapeutische Betreuung. Die Patienten wurden alle 3 Wochen gesehen. Nebenwirkungen wurden nach standardisierten Kriterien dokumentiert. Ebenso wurde die „Lebensqualität“ mit einem standardisierten Fragebogen nach 3 und 6 Wochen, dann alle 6 Wochen erfaßt.

Die Verteilung der Patienten in die beiden Gruppen war im Hinblick auf Geschlechtsverteilung, Alter, WHO-Status, Beschwerden, primäre Tumorlokalisation, Vorbehandlungen, Ansprechen auf die Vorbehandlung und weiterer Parameter im wesentlichen gleich. Die Überlebenswahrscheinlichkeiten in beiden Gruppen sind in Tab. 1 wiedergegeben. Ebenso günstig wie der lrinotecan-Effekt auf die Überlebenswahrscheinlichkeit war die Auswirkung auf die „Lebensqualität“. Leider konnte im Verlauf der Studie nur bei der Hälfte der Patienten diese Dokumentation durchgeführt werden. Es zeigte sich aber, daß in der lrinotecan-Gruppe die generelle „Lebensqualität“ besser war und die Patienten weniger Schmerzen oder Dyspnoe und mehr Appetit hatten. Auch die kognitiven Leistungen wurden besser beurteilt. Das Zeitintervall zwischen Studienbeginn und dem sogenannten „deutlichen Verlust an Lebensqualität, der durch die Grunderkrankung bedingt war“, war in der lrinotecan-Gruppe länger.

Diarrhö, als direkte Nebenwirkung der Therapie, wurde allerdings signifikant häufiger angegeben. Die Therapie mit lrinotecan kann erhebliche Nebenwirkungen haben. So traten bei 22% der behandelten Patienten Grad-lll- bzw. Grad-IV-Diarrhöen, Leukopenien/Neutropenien sowie bei 14% Übelkeit und Erbrechen auf. 73% der Patienten mußten wegen Nebenwirkungen stationär betreut werden. Diese sehr hohe Zahl relativiert sich jedoch, wenn man bedenkt, daß auch 63% der Patienten aus der „Bestsupportive-care“-Gruppe wegen Komplikationen oder Symptomen der Tumorerkrankung stationär behandelt wurden.

Fazit: Bei Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom, die auf eine Therapie mit 5-Fluorouracil nicht mehr ansprechen, kann durch eine Zweit-Chemotherapie mit Irinotecan eine Verlängerung der Überlebenszeit bei verbesserter „Lebensqualität“ erreicht werden.

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