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Trasylol® vorläufig vom Markt genommen

Am 5. 11. 2007 hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) das Ruhen der Zulassung für Aprotinin (Trasylol®) angeordnet, zeitgleich mit der Food and Drug Administration (FDA) in den USA (1, 2). Aprotinin wurde seit den achtziger Jahren weltweit als Hämostyptikum bei überschießender Thrombolyse eingesetzt, z.B. bei Herzoperationen zur Minderung des intraoperativen Blutverlusts. Zuvor war der Proteasenhemmer schon Jahrzehnte ein Mittel zur Behandlung der schweren Pankreatitis. In der geplanten Zwischenanalyse einer kanadischen Untersuchung (3) hat sich jetzt eine deutlich höhere Sterblichkeit bei Patienten gezeigt, die intraoperativ zur Minderung des Blutverlusts Aprotinin erhalten hatten, verglichen mit Patienten, die aus gleicher Indikation mit Tranexamsäure oder Epsilon-Aminocapronsäure behandelt worden waren. Der Aprotinin-Arm wurde daher nicht weitergeführt, d.h. die Studie wurde abgebrochen.

Schon im Januar 2006 wurden im N. Engl. J. Med. entsprechende Beobachtungen aus einer internationalen Beobachtungsstudie (Register) veröffentlicht (4). Es wurden Patienten eingeschlossen, die sich in einer der teilnehmenden Kliniken einer Bypass-Operation unterziehen mussten. Aprotinin steigerte das Risiko, ein Nierenversagen zu erleiden, von 3% (Kontroll-Gruppe) auf 8%. Unter Tranexamsäure und Aminocapronsäure war das Risiko 4% bzw. 3%. Diese Unterschiede waren auch nach einer komplizierten multivariaten statistischen Analyse hochsignifikant. Damals hieß es, Daten aus Registern seien allgemein zu unsicher, um die Zulassung der Substanz einzuschränken oder aufzuheben. Der Effekt der Behandlung könne verdeckt werden durch Unterschiede in den Gruppen (Alter, Geschlecht, Art und Schweregrad der Erkrankung und Operation). Sogar unter den Beiratsmitgliedern des ARZNEIMITTELBRIEFS gab es Zweifel, dass solche Gruppenunterschiede durch geeignete statistische Bearbeitung immer ausgeglichen werden könnten (5).

Randomisierte, kontrollierte Studien, die solche UAW nachweisen könnten, sind sehr aufwändig oder sogar unmöglich, wenn es kein alternatives Medikament gibt, mit dem die Vergleichsgruppe behandelt werden kann. Da helfen Register weiter. Mit ihrer Hilfe können in kurzer Zeit sehr viele Patienten beobachtet werden. Es ist eine drängende Herausforderung, solche Register in Pharmakovigilanzzentren an Krankenhäusern und in der Ambulanz zu organisieren, zu finanzieren und die Ergebnisse bei politischen Entscheidungen auch zu berücksichtigen.

Literatur

  1. http://www.bfarm.de/cln_043/nn_424276/DE/Presse/mitteil2007/pm29-2007.html Link zur Quelle
  2. http:/www.fda.gov/cder/drug/infopage/aprotinin/default.htm Link zur Quelle
  3. BART (Canadian blood conservation using antifibrinolytics trial): Vorveröffentlichung.
  4. Mangano, D.T., et al.: N. Engl. J. Med. 2006, 354, 353; s.a. AMB 2006, 40, 20. Link zur Quelle
  5. AMB 2006, 40, 55b. Link zur Quelle