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Guillain-Barré-Syndrom: Vergleich der Wirkung von Plasmaaustausch und intravenöser Immunglobulingabe

Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine lebensbedrohende akute, demyelinisierende Polyneuropathie mit wahrscheinlicher Autoimmunpathogenese. In verschiedenen früheren Studien wurde die Wirksamkeit einer Behandlung mit Plasmaaustausch bzw. mit hochdosierter intravenöser Immunglobulingabe bewiesen. In einer jetzt im Lancet (1997, 349, 225) von R.A.C. Hughes et al. im Namen der Guillain-Barré-Syndrom-Studiengruppe publizierten Untersuchung wurden diese beiden Therapiearten miteinander verglichen. In die randomisierte, multizentrische Studie wurden 383 erwachsene Patienten mit Guillain-Barré-Syndrom eingeschlossen. Die wichtigsten Einschlußkriterien waren der Beginn der Lähmungserscheinungen nicht mehr als 14 Tage vor Randomisierung und ein erheblicher Schweregrad der Erkrankung (Patienten, die nicht mehr ohne fremde Hilfe gehen konnten). Es wurden 3 Behandlungsarme gebildet: A: Plasmaaustausch (5 Behandlungen mit Austausch von 50 ml Plasma/kg KG in einem Zeitraum von 8 bis 13 Tagen); B: 0,4 g/kg KG Immunglobulin (Sandoglobulin) tgl. für 5 Tage; C: Plasmaaustausch gefolgt von intravenösem Immunglobulin. Hauptbewertungskriterien waren die Änderungen des Schweregrades der Erkrankung auf einer 7-Punkte-Skala 4 Wochen nach Randomisierung durch einen Untersucher, der die jeweilige BehandIungsmethode nicht wußte.

Ergebnisse: In Gruppe A betrug die Besserung 0,9 ± 1,3 Punkte, in Gruppe B 0,8 ± 1,3 Punkte und in der Kombinationsgruppe C 1,1 ± 1,4 Punkte. Die geringen Unterschiede waren nicht signifikant. Hinsichtlich der Zeitdauer bis zur Wiedergewinnung der Gehfähigkeit oder der Möglichkeit bei beatmeten Patienten die künstliche Ventilation zu beenden, ergab sich ebenfalls zwischen den drei Gruppen kein Unterschied. Patienten der Gruppe A und C hatten infolge der länger liegenden intravenösen (z.T. zentralvenösen Katheter) etwas häufiger infektiöse Komplikationen. Die Kosten für das Behandlungsschema der Gruppe A und B sind annähernd gleich und selbstverständlich relativ hoch.

Fazit: Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß die für den Patienten wesentlich angenehmere hochdosierte intravenöse Immunglobulingabe ebenso wirksam ist wie die Plasmaaustauschbehandlung und deshalb grundsätzlich zu bevorzugen ist. Sie warnen jedoch davor, diese Behandlung in nichtspezialisierten Zentren anzuwenden, da auch bei hochdosierter Immunglobulinbehandlung bei Patienten mit Guillain-Barré-Syndrom die Letalität nach 48 Wochen kumulativ immer noch etwa 5% beträgt und etwa 12% der Patienten noch nicht wieder in der Lage sind, ohne fremde Hilfe zu laufen.