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Interferon alfa-2b mit und ohne Ribavirin zur Therapie der chronischen Hepatitis C

Die Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) führt bei ca. 80% der Patienten zu einem chronischen Verlauf. Langzeitfolgen sind Leberzirrhose und hepatozelluläres Karzinom. In Deutschland sind wahrscheinlich 500000 Menschen mit dem Virus infiziert. Die HCV-lnfektion gehört damit zu den häufigsten Lebererkrankungen. Die einzige bisher etablierte Therapie zur Heilung der chronischen HCV-lnfektion ist die Therapie mit Interferon alfa. Als Standard wird eine s.c. Therapie mit 3mal 5 Mio. l.E./Woche Interferon alfa-2b (Intron A) bzw. 3mal 6 Mio. l.E./Woche Interferon alfa-2a (Roferon-A) über drei Monate sowie anschließend neun Monate lang mit 3mal 3 Mio. l.E./Woche empfohlen (Konsensuskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten = DGVS: Z. Gastroenterologie 1997, 35, 971). Dadurch kann bei bis zu 50% der Patienten eine Elimination des Virus und eine Normalisierung der Transaminasen während der Therapiephase erreicht werden. Jedoch ist nur bei 10 bis 20% der Patienten eine anhaltende Elimination (länger als 6 Monate über die Therapie hinaus = „Sustained Response“) nachzuweisen. Vor diesem Hintergrund werden die Wirkungen von Nukleosidanaloga, z.B. Ribavirin, in Kombination mit Interferon alfa geprüft. Rabavirin hemmt direkt die Replikation des Virus. In den meisten Studien wurde diese Kombination bei Patienten eingesetzt, die auf eine Therapie mit Interferon alfa allein nicht angesprochen hatten oder bei denen nach passagerer Elimination des Virus ein Rezidiv aufgetreten war. In einer schwedischen, plazebokontrollierten, doppeltblinden Studie wurde kürzlich eine kombinierte Behandlung von Interferon alfa-2b (3mal 3 Mio. l.E./Woche, 6 Monate lang) plus Ribavirin (1000 bzw. 1200 mg/d: Gruppe 1) gegen Interferon alfa-2b plus Plazebo (Gruppe 2) bei bisher nicht vorbehandelten Patienten mit chronischer HCV-lnfektion untersucht (Reichard, O., et al.: Lancet 1998, 351, 83). In die Studie wurden insgesamt 100 Patienten aufgenommen und nach Randomisierung sechs Monate lang behandelt. Die Nachbeobachtung nach Ende der Therapie betrug ebenfalls sechs Monate.

Am Ende der Behandlungsphase bestand kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich der Viruselimination (jeweils 52%). Am Ende der Nachbeobachtungsphase (6 Monate später) war der Anteil der Patienten mit einer „Sustained Response“ (HCV-RNA negativ nach 6 und 12 Monaten) in Gruppe 1 signifikant höher als in Gruppe 2 (36% vs. 18%). Zusätzlich wurde bei vier weiteren Patienten eine sehr niedrige HCV-RNA-Konzentration nach sechs Monaten gefunden und keine meßbare mehr nach zwölf Monaten. Die Autoren werten dies ebenfalls als Therapiewirkung, so daß sich insgesamt in der Interferon-alfa-2b/Ribavirin-Gruppe ein Therapieerfolg von 42% und der Interferon-alfa-2b/Plazebo-Gruppe von 20% ergab. In Gruppe 1 traten signifikant mehr Nebenwirkungen auf, so daß die Dosis reduziert oder die Therapie beendet werden mußte (16/50 vs. 6/50). Am häufigsten waren Übelkeit, Schwindel, Depressionen, Leukopenien (< 1500/µl) und Anämien (Hb < 10 g/dl). Fazit: Diese Studie zeigt, daß eine Kombinationstherapie mit Interferon alfa-2b/Ribavirin bei nicht vorbehandelten Patienten mit chronischer HCV-lnfektion in einem höheren Prozentsatz zu einer länger anhaltenden Viruselimination führt. Dies trifft vor allem auf Patienten zu, die zu Beginn der Therapie eine hohe Viruskonzentration haben. Aus diesen Daten und aus anderen Studien kann der Schluß gezogen werden, daß eine Monotherapie mit Interferon alfa bei bislang unbehandelten Patienten und günstigen prädiktiven Parametern (niedrige Viruskonzentration, keine Leberzirrhose, kurzes Intervall zwischen Infektion und Beginn der Therapie) indiziert ist. Bei ungünstigeren Voraussetzungen (z.B. Rezidiv) kann eine kombinierte Behandlung erwogen werden, die allerdings in kontrollierten Studien durchgeführt werden sollte. In solchen Studien muß versucht werden, prädiktive Parameter für das Ansprechen zu finden, damit ein Stufenschema erarbeitet werden kann. Bis dahin – nicht zuletzt wegen der erheblichen Nebenwirkungen der Nukleosidanaloga – sollte außerhalb von Studien nach den Richtlinien der DGVS behandelt werden.