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Leserbrief: Hyposensibilisierung bei Pollenallergie subkutan oder oral?

Frage von Dr. T.D. aus Stolzenau: >> Wie beurteilen Sie die Wirksamkeit einer sublingualen im Vergleich zu einer subkutanen Pollen-lmmuntherapie (z.B. mit dem Präparat Pangramin slit von der Firma Scherax)? Kann die Wiederholung einer z.B. dreijährigen lmmuntherapie nach erstmaligem Nichtansprechen die Erfolgsaussichten erhöhen? << Antwort: >> Die Hyposensibilisierungsbehandlung, international auch als spezifische lmmuntherapie bezeichnet, ist bis heute die einzige kausale Behandlungsmöglichkeit allergischer Atemwegserkrankungen wie der allergischen Rhinitis oder der allergisch geprägten Form des Asthma bronchiale. Im Rahmen der Therapie werden primär unterschwellige Mengen eines Allergenextraktes in ansteigender Dosierung appliziert mit dem Ziel, einen Zustand der klinischen Toleranz gegenüber Umgebungsallergenen aus Innenräumen oder der Außenluft herzustellen. Zur Wirkung der über mehrere Jahre durchgeführten subkutanen Langzeit-Hyposensibilisierung liegen zahlreiche kontrollierte Studien vor, die belegen, daß die Therapie bei richtiger Patientenauswahl, adäquater Allergenzusammensetzung sowie korrekter Therapieausführung ein wirksames, nebenwirkungsarmes oder ökonomisch sinnvolles Element der antiallergischen Behandlung ist. Die Behandlung wirkt über die Beendigung der Therapie hinaus weiter (mindestens 5 Jahre).

Bereits in den 70er Jahren wurden Untersuchungen zur oralen Applikation von Hyposensibilisierungslösungen vor allem bei pollenallergischen Kindern unternommen. In den letzten Jahren wurde der oralen Hyposensibilisierung als „sublinguale Therapie“ mit wäßrigen Allergenextrakten erneut Aufmerksamkeit zuteil, wobei der wesentliche Unterschied gegenüber der oralen Hyposensibilisierung traditionellen Typs darin lag, daß die Extrakte für eine definierte Zeitlang im Mund behalten werden, um so eine weitestmögliche Resorption über die orale Mukosa zu erzielen. Der Extrakt wird danach in der Regel geschluckt.

Die Dokumentation klinischer Effekte der sublingualen Hyposensibilisierung umfaßt sowohl plazebokontrollierte Studien (1, 2) als auch Untersuchungen gegen eine Kontrollgruppe mit subkutaner Standardtherapie. Eine zusammenfassende Darstellung der bisher veröffentlichten Untersuchungsergebnisse erfolgte 1998 im Deutschen Ärzteblatt (3).

Die Bewertung der bisher veröffentlichten Studien wird dadurch erschwert, daß sich die Behandlungsdauer der einzelnen Protokolle erheblich unterscheidet, eine genaue Allergendosierung nicht immer angegeben ist, schließlich auch die Effizienzkriterien sehr unterschiedlich gehandhabt werden. Nachvollziehbare Daten über das Maß einer Allergenresorption über die Mundschleimhaut liegen bis heute nicht vor. Studien, die eine orale oder sublinguale Behandlung mit der Standardimmuntherapie auf subkutanem Wege vergleichen, kommen überwiegend zu dem Schluß, daß die orale Behandlung der subkutanen Therapie unterlegen ist. Demgegenüber sind die Ergebnisse der veröffentlichten plazebokontrollierten Studien überwiegend positiv. Mit dem erwähnten Produkt (Pangramin slit) wurde 1998 eine plazebokontrollierte multizentrische prospektive Untersuchung bei 100 Kindern und Jugendlichen mit saisonaler allergischer Rhinokonjunktivitis in Deutschland begonnen, deren Ergebnisse bis Ende 2000 vorliegen werden. Zu den Erfolgsaussichten einer Wiederholung der allergenspezifischen lmmuntherapie bei erstmaligem Nichtansprechen liegen keine systematischen Studien vor. Pragmatisch ist zu empfehlen, eine spezifische Hyposensibilisierungsbehandlung nur dann Patienten ein zweites Mal vorzuschlagen, wenn bei der Erstbehandlung grundsätzliche Fehler (falsche Allergenauswahl, falsche Dosierung, inkonsequente Steigerung der Allergendosis) gemacht wurden. << Literatur

1. Cooper, P.J., et al.: CIin. Allergy 1984, 14, 541.
2. Warner, J.O.: Clin. AIlergy 1986, 16, 387.
3. Wahn, U., et al.: Dt. Ärzteblatt 1998, 95, A-2091 (B-1 713).