Das prämenstruelle Syndrom (PMS) ist eine komplexe Kombination von psychischen und somatischen Symptomen, wie vermehrter Reizbarkeit, Aggressivität, Ängstlichkeit, Depression sowie Ödemneigung, Brustspannung, Kopfschmerzen, Blähbauch und Gewichtszunahme in der späten Lutealphase. Die Ursachen des PMS sind nicht ganz klar, jedoch lassen sich die Symptome durch Aufhebung des ovariellen Zyklus mittels GnRH-Agonisten weitgehend beheben. Orale Kontrazeptiva sind jedoch nicht wirksam. Die Therapie dieses Syndroms ist schwierig. Therapiestudien sind ebenfalls schwer zu interpretieren, da in den meisten Studien ein sehr deutlicher positiver Plazebo-Effekt erkennbar ist.
Extrakte aus der Frucht von Vitex agnus castus (Mönchspfeffer; s.a. AMB 1995, 29, 24) enthalten eine Mischung aus Iridoiden und Flavonoiden sowie Verbindungen, die eine steroidähnliche Struktur haben. Angeblich haben die Extrakte progesteronähnliche Wirkungen. Der Wirkungsmechanismus ist unklar und soll über eine Modulation der Prolaktinsekretion oder über Bindung an Opioid-Rezeptoren vermittelt werden.
R. Schellenberg et al. aus Hüttenberg (Deutschland) und anderen Städten führten eine multizentrische Studie in Allgemeinpraxen durch, in der 170 Frauen mit PMS (mittleres Alter 36 Jahre, mittlere Zykluslänge 28 Tage) 3 Zyklen lang plazebokontrolliert mit einer Tablette Trockenextrakt von Agnus castus/d behandelt wurden (Brit. Med. J. 2001, 322, 134). Die Diagnose des PMS erfolgte nach den Kriterien des DSM-III-R. Der Schweregrad des PMS wurde vor Beginn der Behandlung und vor Randomisierung mit Selbsterhebungs-Bögen quantitativ zu den Aspekten Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Verärgerung, Kopfschmerzen, körperliche prämenstruelle Symptome, wie Blähbauch und Brustschwellung, evaluiert. Entscheidend für die Beurteilung der Therapie war die Evaluierung am Ende des 3. Behandlungszyklus. Die Studie wurde finanziell von dem Hersteller des Agnus-castus-Präparates, Zeller AG in der Schweiz, unterstützt.
Ergebnisse: 86 Frauen mit Agnus-castus- und 84 Frauen mit Plazebo-Behandlung beendeten die Studie. Die „Responder-Rate“ war 52% in der Agnus-castus- und 24% in der Plazebo-Gruppe. In Hinblick auf folgende Symptome war die Agnus-castus-Gruppe der Plazebo-Gruppe signifikant (p < 0,001 oder < 0,002) überlegen: Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Verärgerung, Kopfschmerzen, Brustspannung, Blähbauch, sowie Schweregrad des Symptomen-Scores insgesamt. Nach Angaben der Autoren, die auch hämatologische und andere Blutuntersuchungen durchführten, traten unerwünschte Wirkungen nicht auf. Die Wirksamkeit des Präparats über 3 Monate hinaus ist den Autoren nicht bekannt, jedoch zitieren sie Autoren, die ein Anhalten der Wirkung bis zu 3 Monaten nach Beendigung der Therapie beobachtet haben wollen. Fazit: In dieser offenbar sauber durchgeführten plazebokontrollierten Studie erwies sich ein Trockenextrakt aus Agnus castus als wirksam bei dem ätiologisch unklaren prämenstruellen Syndrom. Unerwünschte Wirkungen wurden nicht beobachtet. Dies bedeutet jedoch nicht, daß das hier gefundene günstige Nutzen/Risiko-Profil auch für andere Agnus-castus-Extrakte mit vermutlich anderem und sehr variablem Wirkstoffgehalt zutrifft.