Fragen von Dr. D.B. aus Rastadt: >> Welche Nebenwirkungen sind nach Hepatitis-B-Impfung beobachtet worden? Wie häufig sind sie und wie häufig führen sie zu bleibenden Schäden? Spielt es hinsichtlich der Nebenwirkungen eine Rolle, ob die Hepatitis-B-Impfung gleichzeitig mit anderen Impfungen erfolgt oder ist es empfehlenswert, diese zeitlich zu versetzen? Gibt es Kinder mit bestimmten Vorerkrankungen (z.B. Fieberkrämpfe, neurologische Auffälligkeiten, lmmunschwäche, gleichzeitiger Infekt), die nicht geimpft werden dürfen? << Antwort: >> Der Hepatitis-B-lmpfstoff ist heute ein gentechnologisch gewonnenes HBs-Antigen. Er verursacht wesentlich seltener unerwünschte Nebenwirkungen als der ältere, aus menschlichem HBs-Antigen-haltigem Plasma gewonnene Impfstoff. Deshalb ist in der Literatur über Nebenwirkungen stets darauf zu achten, welcher Impfstoff jeweils verwendet wurde.
Als typische Nebenreaktionen nach einer Hepatitis-B-Impfung werden Schmerzen an der Injektionsstelle und leichtes Fieber in 1-6% beschrieben (1, 2, 4). Seltener werden allergische Reaktionen beobachtet, praktisch nie anaphylaktische Reaktionen (1). Kasuistische Mitteilungen über nachfolgende demyelinisierende Erkrankungen (Myelitis, multiple Sklerose) oder Optikusneuritis betreffen den aus Plasma gewonnenen Impfstoff (3). Einem vermuteten Kausalzusammenhang zwischen dem Plasma-Impfstoff und neurologischen Nebenwirkungen, besonders dem Guillain-Barré-Syndrom, wurde in den USA über 3 Jahre nachgegangen (3, 4). Bei gentechnologisch hergestelltem Hepatitis-B-Impfstoff konnte kein ursächlicher Zusammenhang mit solchen neurologischen Störungen gefunden werden (1).
Relativ gesichert scheint der Kausalzusammenhang zwischen rekombinantem HBs-lmpfstoff und „Gelenkaffektionen“ zu sein. Übrigens gehört eine Arthritis-Symptomatik auch zum klinischen Bild einer Hepatitis B. Als Pathomechanismus wird ein Immunkomplexgeschehen vermutet. Nach Impfung werden die Gelenkerscheinungen als Arthropathie bzw. Arthritis beschrieben mit Rötung, Schwellung, Schmerzen und Funktionseinschränkungen an einem oder mehreren Gelenken. Ihre Häufigkeit bewegt sich im Promille-Bereich, nimmt allerdings mit der Zahl der Impfungen bis maximal 1% zu (4). Bleibende Schäden an Gelenken sind als Hepatitis-B-lmpfkomplikation nicht beobachtet worden (2).
Bei einer Kombinationsimpfung ist es schwierig, eine aufgetretene Nebenwirkung dem einen oder anderen lmpfstoffanteil zuzuordnen. Da diese Frage in erster Linie von Gutachtern zu beantworten ist, dürfte die für den Impfling und den Impfarzt wichtigere Frage sein, ob durch eine Kombinationsimpfung Nebenwirkungen häufiger oder stärker auftreten. Diese Frage ist zu verneinen. Jede neue lmpfstoff-Kombination wird in klinischen Studien auf ihre Verträglichkeit und Immunogenität geprüft, bevor sie durch das Paul-Ehrlich-Institut in Deutschland zugelassen wird. Eine Zulassung setzt also voraus, daß zumindest in solchen Studien keine unvertretbaren Nebenwirkungen beobachtet worden sind.
Die genannten Vorerkrankungen sind keine Kontraindikation für eine Hepatitis-B-lmpfung. Bekanntlich ist der Impfstoff ein Totimpfstoff; er kann also auch bei Immunschwäche appliziert werden. Hierbei ist allerdings eine Antikörpertestung anzuraten, um den Impferfolg zu erfassen und eventuell durch Wiederholungsimpfung zu sichern. Neurologische Vorerkrankungen wie infantile Zerebralparese, Trisomie oder Anfallsleiden sind ebenfalls keine Hinderungsgründe gegen eine Hepatitis-B-Impfung, da zerebrale Nebenwirkungen nicht beschrieben sind und gerade solche Patienten vor einer Hepatitis-B-Infektion geschützt werden sollten. Schließlich ist ein „ärztlich nicht behandlungsbedürftiger, banaler Infekt“ laut Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation grundsätzlich keine Kontraindikation für eine Impfung. <<
Literatur
1. Peter, G. (Hrsg.): Red Book-Report of the Committee on lnfectious Diseases. 24. Ausg. 1997.
2. Quast, U., et al.: lmpfreaktionen-Bewertung und Differentialdiagnose. Hippokrates-Verlag, Stuttgart 1993.
3. Shaw, F.E., et al.: Am. J. Epidemiol. 1988, 127, 337.
4. Stratton, K.R., et al. (Hrsg.): Adverse Events Associated with Childhood Vaccines – Evidence Bearing on Causality. National Academy Press, Washington D.C. 1994.