Analfissuren sind ein häufiges und sehr lästiges Problem. Es handelt sich um längliche Ulzerationen im Analkanal, die den M. sphincter internus freilegen. Besonders bei der Defäkation kann es zu äußerst schmerzhaften Sphinkterkrämpfen und rektalen Blutungen kommen. Die Ätiologie der Analfissuren ist nicht endgültig geklärt. Eine gängige Erklärung ist, daß durch primäre oder sekundäre Gefäßveränderungen im Analkanal ischämische Schleimhautdefekte entstehen. Dieser Prozeß wird durch eine Hypertonizität der Sphinktermuskulatur (Obstipation, neurotische Persönlichkeitsstruktur) begünstigt. In der Therapie chronischer Fissuren werden Sphinkterdilatationen und Sphinkterotomien empfohlen. Diese chirurgischen Eingriffe führen jedoch nicht selten zur Stuhlinkontinenz.
Eine Arbeit aus Nottingham (Lund, J.N., und Scholefield, J.H.: Lancet 1997, 349, 11) beschäftigt sich mit der konservativen Therapie chronischer Analfissuren mittels topischem Glyceroltrinitrat. Es senkt (über NO vermittelt) den Tonus des M. sphincter internus und erhöht den lokalen Blutfluß. In dieser randomisierten doppeltblinden und plazebokontrollierten Studie wurde bei 78 Patienten mit chronischen Analfissuren (länger als 6 Wochen bestehend; mit Fibrose) entweder 0,2%ige Glyceroltrinitrat-Salbe (1:5 mit weißem, weichem Paraffin verdünnt; n = 38) oder Plazebo (weißes, weiches Paraffin; n = 39) täglich zweimal in den Analkanal eingebracht. Neben der lokalen Inspektion und einer subjektiven Einschätzung wurden auch eine Analmanometrie und eine anodermale Blutflußmessung mittels Laser-Doppler-Flowmetrie jeweils vor und nach der Salbenanwendung durchgeführt. Die Anwendungsbeobachtung ging über zwei Monate.
Bei 68% der mit Verum Behandelten, aber nur bei 8% in der Plazebo-Gruppe kam es nach sechs Wochen zur Abheilung der Analfissuren (p < 0,0001). Darüber hinaus wurde mit der Nitrosalbe bereits nach zwei Wochen die Schmerzsymptomatik signifikant gebessert. Die Analmanometrie zeigte 40 Minuten nach Auftragen der Salbe ein Absinken des Sphinktertonus von 116 auf 76 cm H20. Es wurde eine signifikante Zunahme der lokalen Durchblutung gemessen. Die Werte in der Plazebo-Gruppe blieben jeweils unverändert. Als wichtigste Nebenwirkung traten unter Nitrosalbe bei 60% der Patienten (meist transiente) Kopfschmerzen auf. Ein Patient brach deshalb die Studie ab. Bei drei Nitro-Patienten kam es nach Absetzen der Salbe zu einem Fissur-Rezidiv, das durch erneute Salbenbehandlung erfolgreich behandelt werden konnte. Noch unklar ist, ob es bei längerer Anwendung zur Nitrattoleranz kommt.
Fazit: Mit dieser einfachen Untersuchung konnte nachgewiesen werden, daß bei Analfissuren lokal aufgetragene Nitrosalbe den analen Sphinktertonus senkt und die lokale Durchblutung fördert. Dadurch kommt es meist innerhalb von zwei Wochen zur Linderung der Schmerzen und nach acht Wochen bei 70% der Patienten zur Abheilung der Fissuren. Damit ist diese Therapie eine gute Alternative zur Operation und wird sie voraussichtlich als primäre Behandlungsform bei chronischen Analfissuren ablösen.