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Recancostat compositum unwirksam bei pädiatrischen Patienten mit vorbehandelten soliden Tumoren

Auf das Kombinationspräparat Recancostat compositum, das aus dem körpereigenen Glutathion in reduzierter Form (G-SH), der nicht-essentiellen Aminosäure L-Cystein und Anthocyanen besteht und in Deutschland weder als Fertigarzneimittel zugelassen noch gemäß AMG angezeigt worden ist, sind wir bereits ausführlich eingegangen (vgl. AMB 1996, 30, 15). Promotoren dieses Präparates haben den Einsatz bei Tumorerkrankungen u.a. damit begründet, daß ”G-SH Zellen vor maligner Transformation durch die Bildung freier Radikale schütze, toxische Schwermetalle durch Chelatbindung entgifte, die Mitosefrequenz einer Zelle über Einstellung des Redoxpotentials normalisiere und dadurch sowohl tumorprotektiv als auch therapeutisch wirksam sei“ (vgl. Stellungnahme der Schweizerischen Krebsliga zu Methoden ohne nachgewiesene Wirksamkeit zur Behandlung von Krebskrankheiten).

Aussagekräftige klinische Studien zu Recancostat compositum fehlten bisher. Die häufig sehr emotional geführte Diskussion über das Präparat und die daraus resultierende Verunsicherung von Patienten sowie deren Angehörigen waren Anlaß, bei 16 vorwiegend jugendlichen Patienten mit lange und intensiv vorbehandelten soliden Tumoren (u.a. Weichteil- und Ewing-Sarkome, Keimzelltumoren, Hirntumoren) die Wirksamkeit von Recancostat compositum zu prüfen (Bode, U., et al.: Klin. Pädiatr. 1999, 211, 353). Die Dosierung der Substanz wurde mit dem herstellenden Laboratorium in der Schweiz (Bücheli AG, Herisau) abgesprochen (40 mg/kg oder 1200 mg/m2, maximale Dosis 2 mg) und lag um 50% höher als die Dosis (800 mg), mit der nach 2 Wochen eine antitumoröse Wirksamkeit gesehen werden sollte. Beabsichtigt war eine Therapie über 8 Wochen; andere zytotoxische Medikamente wurden in diesem Zeitraum nicht verabreicht. Die tatsächliche Behandlungsdauer schwankte zwischen einer und 30 Wochen. Bei allen Patienten war der meßbare Tumor progredient. Sie starben 1-48 Wochen nach Beginn der Therapie an ihrer Erkrankung. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.

Fazit: Recancostat compositum ist bei jugendlichen Patienten mit intensiv vorbehandelten soliden Tumoren unwirksam. Dieses Ergebnis unterstützt Aussagen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (Dtsch. Ärzteblatt 1996, 93, 454) bzw. der Schweizerischen Krebsliga, daß es sich bei Recancostat compositum um ein Substanzgemisch ohne nachgewiesene Wirkung handelt, von dessen Anwendung in der Krebsbehandlung abgeraten wird. Auf positive Wirkungen von G-SH, z.B. als neuro- oder nephroprotektive Substanz im Rahmen der Chemotherapie mit Cisplatin, haben wir unsere Leser hingewiesen (vgl. AMB 1996, 30, 32).