Seit zehn Jahren ist durch prospektive randomisierte Studien belegt, daß eine adjuvante Chemotherapie nach R0-Resektion eines Kolonkarzinoms mit regionären Lymphknotenmetastasen (UICC Stadium III ; Dukes C) das Leben verlängert. Interdisziplinäre Leitlinien der Deutschen Krebsgesellschaft und der Fachgesellschaften empfehlen deshalb die Durchführung einer adjuvanten Chemotherapie [1] Es besteht jedoch keine Einigkeit darin, welches Schema der adjuvanten Chemotherapie des Kolonkarzinoms verwendet werden sollte (vgl. AMB 1997, 31, 65). Historisch begründet ([2]2; vgl. AMB 1995, 29, 53) wurde lange Zeit eine einjährige Chemotherapie mit 5-Fluorouracil (5-FU) in Kombination mit oraler Einnahme des Anthelminthikums Levamisol (Ergamisol) durchgeführt. In den letzten Jahren wurden die Daten randomisierter Studien, in denen eine 6 Monate lange Folinsäure-modulierte Chemotherapie mit 5-FU gegenüber anderen oder keiner adjuvanten Therapie verglichen wurde, in die Empfehlungen integriert. Als geeignete Behandlungsoptionen gelten inzwischen neben der einjährigen 5-FU/Levamisol-Kombination die folgenden drei Schemata [3], [4], [5], [6]:
- “Mayo-Clinic-Schema”: Folinsäure 20 mg/m² plus 5-FU 425 mg/m²; beide Substanzen als i.v.-Bolus an den Tagen 1-5; sechsmal wiederholt alle 4, später alle 5 Wochen [4].
- “Machover-Schema”: Folinsäure 200 mg/m² plus 5-FU 370 mg/m²; beides i.v. an den Tagen 1-5; sechsmal wiederholt alle 4 Wochen [5].
- “Roswell-Park-Schema”: Folinsäure 500 mg/m² über 2 h infundiert plus 5-FU 500 mg/m² als i.v.-Bolus in der Mitte der Folinsäure-Infusion; einmal wöchentlich 6 Wochen lang, gefolgt von 2 Wochen Pause über vier Zyklen [6].
Selbstverständlich müssen vor Beginn der adjuvanten Chemotherapie Kontraindikationen (z.B. schlechter Allgemeinzustand, schwere Koronare Herzkrankheit oder Herzinsuffizienz, eingeschränkte Knochenmarkfunktion) beachtet werden. Außerdem sollten ärztlicherseits fundierte Kenntnisse vorhanden sein, wie die Dosis bei auftretender Toxizität zu reduzieren ist (1). Das “Mayo-Clinic”- und das “Roswell-Park-Schema” sehen die Gabe von 5-FU als Bolus vor (i.v. in weniger als 5 Minuten). Eine Verlängerung der i.v.-Applikationszeit von 2-4 Min. auf nur 20-40 Min. führt zu einem relevanten Wirksamkeitsverlust, wie eine randomisierte Studie gezeigt hat [7].
Bei der gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen und Österreichischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie (DÖGHO) in Graz wurden jetzt Ergebnisse einer Umfrage in Deutschland vorgestellt. Sie befaßte sich mit Behandlungsstrategien von 1001 konsekutiven Patienten mit kolorektalen Karzinomen aus 74 Einrichtungen (Universitäts-Klinika, Häuser mit oder ohne onkologische Abteilung, Rehabilitations-Kliniken, Praxen) im dritten Quartal 1998 [8]. Diese Umfrage wurde von der Pharmaindustrie (Zeneca, Bristol-Myers Squibb, Hoffmann-La Roche, Lederle, Rhône-Poulenc Rorer) finanziell unterstützt. 407 der Patienten standen nach R0-Resektion eines kolorektalen Karzinoms im Stadium Dukes C zur adjuvanten Behandlung an. Von diesen erhielten jedoch nur 63,4% der Patienten eine adjuvante Chemotherapie. Es fanden sich signifikante Unterschiede in der Behandlungsfrequenz zwischen Krankenhäusern mit (67,1%) oder ohne (42,6%) onkologische Abteilung und zwischen Patienten, die in chirurgischen (56,7%) oder nicht-chirurgischen Abteilungen (> 80%) behandelt wurden. Die oben aufgeführten und in Leitlinien empfohlenen Chemotherapie-Schemata wurden nur bei einem kleinen Anteil der Patienten eingesetzt: nur 19% aller bzw. 34% der behandelten Patienten erhielten eine Chemotherapie entsprechend dem “Mayo-Clinic-” oder “Roswell-Park-Schema”. Dabei wurde 5-FU innerhalb des “Mayo-Clinic-Schemas” in < 10% der Institutionen innerhalb von 5 Min. appliziert. Für das dritte Quartal 2000 ist eine erneute Umfrage in den gleichen Einrichtungen geplant, deren Ergebnis mit Spannung erwartet wird.