Durch fieberhafte Erkrankungen ausgelöste epileptische Anfälle bei Kindern (nach Ausschluß anderer Ursachen) haben eine gute Prognose. Eltern und unerfahrenes medizinisches Personal werden durch solche Anfälle jedoch in höchstem Maße alarmiert. Fieberkrämpfe werden z. Zt. überwiegend durch i.v. oder rektale Applikation von Diazepam, bei unzureichender Wirksamkeit durch i.v. Injektion von Phenobarbital behandelt. Seit einiger Zeit ist bekannt, daß das wasserlösliche Benzodiazepin Midazolam (z.B. Dormicum) nach intranasaler Gabe bei Erwachsenen eine deutliche sedierende Wirkung hat. Deshalb wird es gern bei kleinen chirurgischen Eingriffen verwendet. Midazolam ist bei ph 3,5 wasserlöslich. In den Körperflüssigkeiten tritt jedoch ein Ringschluß auf, wodurch Midazolam ausgesprochen lipophil wird und leicht die Blut-Hirn-Schranke überwinden und als Sedativum und Antiepileptikum wirken kann.
B. Lahat et al. aus Israel berichten im Brit. Med. J. (2000, 321, 83) über die Ergebnisse einer Studie an 47 Kindern zwischen 6 Monaten und 5 Jahren, die wegen länger anhaltender Fieberkrämpfe (mindestens 10 Minuten) entweder mit Diazepam i.v. (0,3 mg/kg) oder mit Midazolam intranasal (0,2 mg/kg) behandelt wurden. Alle Behandlungen fanden in Krankenhäusern statt. Die Studie war offen randomisiert. Nach Stellung der Diagnose wurde so früh wie möglich Midazolam intranasal oder Diazepam i.v. verabreicht. Durch die unterschiedlichen Applikationswege wurde Midazolam etwas früher als Diazepam gegeben (3,5 bzw. 5,5 Minuten nach Eintreffen im Krankenhaus). Obwohl Diazepam etwas schneller wirkte (bei 90% der Kinder trat nach etwa 90 Sekunden kein Anfall mehr ein, im Vergleich mit etwa 120 Sekunden nach Gabe von Midazolam), sistierten wegen der rascheren Applikation von Midazolam die Anfälle nach Gabe von Midazolam etwas eher nach der Aufnahme im Krankenhaus. 23 von 26 Anfällen waren mit Midazolam und 24 von 26 mit Diazepam unter Kontrolle zu bringen. Zwei der mit Midazolam nicht kontrollierbaren Fieberkrämpfe waren durch i.v. Gabe von Diazepam zu beenden, während die Therapieversager nach Diazepam mit Phenobarbital i.v. erfolgreich behandelt wurden. Es traten keine erkennbaren unerwünschten Wirkungen, insbesondere keine Atemdepression, auf.
Die Autoren und der Verfasser eines themenbezogenen Editorials (Koren, G.: Brit. Med. J. 2000, 321, 64) halten diese Ergebnisse für praktisch wichtig, weil die einfache intranasale Applikation von Midazolam im Prinzip auch von medizinischem Hilfspersonal und – nach entsprechender Schulung – von den Eltern der Kinder angewandt werden kann. Da Fieberkrämpfe häufig rezidivieren, könnten die Eltern nach der ersten Krampfepisode ihres Kindes über diese therapeutische Möglichkeit instruiert werden.
Fazit: Das wasserlösliche Benzodiazepin Midazolam ist nach intranasaler Applikation genauso wirksam wie Diazepam i.v. zur Behandlung von Fieberkrämpfen bei Kleinkindern. In Deutschland ist eine intranasale Applikationsform von Midazolam laut Roter Liste 2000 noch nicht erhältlich.