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Dopamin in „Nierendosis“ ist nicht nephroprotektiv

Die Gabe niedriger Dopamin-Dosen zur Prophylaxe und Therapie des akuten Nierenversagens ist intensivmedizinisch weit verbreitet. Tatsächlich verbessert niedrig dosiertes Dopamin bei gesunden Probanden und im Tierexperiment die Nierendurchblutung und steigert Natriurese und Diurese. Allerdings fehlte bislang ein sicherer klinischer Wirkungsnachweis durch größere randomisierte und kontrollierte Studien (s.a. AMB 1994, 28, 63).

Die Ergebnisse einer derartigen Untersuchung, durchgeführt von der Australian and New Zealand Intensive Care Society (ANZICS) Clinical Trials Group, wurden nun im Lancet publiziert (Lancet 2000, 356, 2139). Multizentrisch eingeschlossen wurden hierbei 328 intensivmedizinisch behandelte Patienten mit beginnendem Multiorganversagen bzw. Sepsis und mindestens einem Indikator für eine neu aufgetretene Verschlechterung der Nierenfunktion (Serumkreatinin > 150 µmol/l oder Anstieg des Serumkreatinins > 80 µmol/l innerhalb von 24 h oder eingeschränkte Urinproduktion von < 0,5 ml/kg/h über mindestens 4 h ). Nach Randomisierung erhielten die Patienten über einen zentralvenösen Zugang eine lnfusion mit niedrig dosiertem Dopamin (2 µg/kg/min) oder Plazebo. Die Dopamin- bzw. Plazebo-Infusion erfolgte bis zur Verlegung von der lntensivstation oder bis zur Normalisierung der Nierenfunktion über mindestens 24 Stunden. Hauptzielkriterium der Studie war die maximale Konzentration des Serumkreatinins während der Therapie; Nebenzielkriterien waren die Dauer der intensivmedizinischen bzw. gesamten stationären Behandlung, der künstlichen Beatmung sowie das Auftreten von Arrhythmien und die Letalität. Die Ausgangsdaten beider Gruppen waren gleich. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 62 Jahre, 85% der Patienten waren bei Einschluß beatmet, chirurgische und internistische Aufnahmediagnosen waren etwa gleich häufig. Die Studieninfusion erfolgte über eine mittlere Zeitdauer von etwa 5 Tagen. Es fanden sich in den beiden Gruppen zeigten keinen signifikanten Unterschiede in Haupt- oder Nebenendpunkten. Die maximale Kreatininkonzentration betrug im Mittel 245 µmol/l unter Dopamin und 249 µmol/l unter Plazebo. Auch der Anstieg der Konzentrationen von Kreatinin und Harnstoff sowie die Urinproduktion unterschieden sich nicht zwischen den Gruppen. Eine Nierenersatz-Therapie war bei 35 Patienten unter Dopamin und bei 40 Patienten unter Plazebo erforderlich (n.s.). Die mittlere Liegedauer auf der Intensivstation betrug 13 bzw. 14 Tage, die Dauer der Beatmung 10 bzw. 11 Tage. 53 Patienten unter Dopamin und 54 Patienten unter Plazebo hatten Arrhythmien, am häufigsten war Vorhofflimmern. Es starben 69 Patienten in der Dopamin- und 66 Patienten in der Plazebo-Gruppe (n.s.). Insgesamt ließ sich somit keine nephroprotektive Wirkung von niedrig dosiertem Dopamin bei den untersuchten Patienten mit bereits beginnender Einschränkung der Nierenfunktion nachweisen. Ob Dopamin bei Patienten mit initial normaler Nierenfunktion prophylaktisch wirksam ist, bleibt offen, erscheint aber nach Ansicht der Autoren unwahrscheinlich. In einem begleitenden Editorial von H.F. Galley (Lancet 2000, 365, 2112) wird auf die zahlreichen potentiellen Nebenwirkungen von Dopamin hingewiesen und ein endgültiger Stop für die Praxis des „Nierendosis-Dopamins“ gefordert („Will the message now get through?“).

Fazit: Niedrig dosiertes Dopamin zeigt bei Intensiv-Patienten mit beginnender Einschränkung der Nierenfunktion keine nephroprotektive Wirkung. Die Gabe von Dopamin in „Nierendosis“ zur Prophylaxe des akuten Nierenversagens ist somit nicht gerechtfertigt.