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Hic Rhodos, hic salta!

UFTORAL ist ein kürzlich für die Behandlung des metastasierten kolorektalen Karzinoms zugelassenes, oral zu verabreichendes Zytostatikum. Es enthält im Verhältnis 4:1 Uracil, einen Inhibitor eines Schlüsselenzyms des 5-Fluorouracil(5-FU)-Abbaus (Dihydropyrimidin-Dehydrogenase), und Tegafur, ein Prodrug von 5-FU. Im Dezember des vergangenen Jahres erreichte deutsche Onkologen eine Einladung von Bristol-Myers-Squibb, an einem Einführungssymposium für UFTORAL teilzunehmen, das Ende Februar 2002 im Convention Center Marika Capsis 2000 stattfinden sollte. Dieses Kongreßzentrum ist angeschlossen an das Sofitel Capsos Hotel Rhodos. Die Organisation der Reise, einschließlich der ”so angenehm wie möglich” gestalteten Anreise mit zwei gecharterten Flugzeugen von Frankfurt bzw. München, wurde natürlich von einer von Bristol-Myers-Squibb beauftragten Firma übernommen. Die Einladung beinhaltete eine dreitägige Reise nach Rhodos, die neben dem halbtägigen Launch-Symposium für UFTORAL genügend Zeit ließ, die bedeutende Rolle von Rhodos in der ägäischen Kultur des Altertums zu würdigen. Wer neben dem kulturellen Hochgenuß auf einen Erkenntnisgewinn durch eine Fortbildungsveranstaltung auf hohem Niveau mit internationalen Referenten hoffte, wurde allerdings enttäuscht. Das Programm unter dem Vorsitz eines deutschen Lehrstuhlinhabers für Hämatologie und Onkologie mit ausschließlich deutschen Referenten, u.a. aus Recklinghausen, Essen, Braunschweig und Halle, widmete sich vorwiegend Themen, die Marketinginteressen des Veranstalters widerspiegelten, wie z.B. ”Neueste Entwicklungen in der Onkologie – die Pipeline von Bristol-Myers-Squibb” oder ”UFTORAL in der adjuvanten Therapie des kolorektalen Karzinoms”. Ein weiterer Beitrag beschäftigte sich mit ”der Rolle des Patienten in der Therapie des kolorektalen Karzinoms”. Wir wissen leider nicht, ob auch für Patienten Plätze in den Chartermaschinen reserviert wurden und ob das heikle Thema – Information der Patienten über derartige luxuriöse Launch-Symposien und die daraus resultierenden Kosten – angesprochen wurde. DER ARZNEIMITTELBRIEF ist immer wieder ausführlich auf die Gefahren der Produktförderung durch Geschenke, wie z.B. Einladungen zu produktbezogenen Luxus-Symposien, eingegangen (s. AMB 2000, 34, 1). Irritierend im Zusammenhang mit der Veranstaltung auf Rhodos ist weniger das Verhalten von Bristol-Myers-Squibb, den als Launch-Symposium getarnten Ausflug ins Ägäische Meer zu veranstalten, als vielmehr die Tatsache, daß sich auch im Jahre 2002 ausreichend Onkologen bereit erklären, an derartigen ”Fortbildungen” teilzunehmen, und hierfür zwei Charterflugzeuge benötigt werden. Hoffentlich hatten die kunstinteressierten Onkologen bei der Vorbereitung ihrer Reise nach Rhodos auch Gelegenheit, sich mit der von rhodischen Bildhauern geschaffenen berühmten Marmorgruppe Laokoon zu beschäftigen. Falls ja, sollten sie in Zukunft den Ruf von Laokoon an die trojanischen Anführer im Trojanischen Krieg besser beherzigen: ”Ich traue keinem Griechen, selbst wenn er Gaben bringt”.