Artikel herunterladen

Leserbrief: Unseriöse Orthokin-Therapie

Frage von Dr. R.-G.P. aus Göppingen: >> Von vielen Ärzten, überwiegend Orthopäden, wird bei durch Arthrose verursachten Gelenkbeschwerden eine Orthokin-Therapie durchgeführt. Die Kosten von etwa 900 EUR werden von den Kassen nicht übernommen. Ist die Therapie wirksam? Kann man sie Patienten empfehlen? <<

Antwort: >> Die Orthokin-Therapie ist weit verbreitet. In der Suchmaschine Google werden unter diesem Stichwort etwa 92000 Einträge genannt. Beim Durchblättern wird der Leser auf jeder Seite mit einer Anzeige konfrontiert, die lautet: „Orthokin-Therapie ist wirksam!” (Zentrum für molekulare Orthopädie Düsseldorf, Prof. (USA) Dr. Wehling). Auch die orthopädische Universitätsklinik Düsseldorf unterstützt diese Therapie. Sehr häufig taucht das Stichwort auch auf der Website von Arztpraxen auf, die auf ihre diagnostischen und therapeutischen Angebote hinweisen.

Die große öffentliche Beachtung, die diese Therapie durch geschickte Werbestrategien gefunden hat, steht im krassen Gegensatz zu der Tatsache, dass seriöse Belege für die Wirksamkeit fehlen. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie hat eine kritische Stellungnahme erarbeitet (1). Viele Ärzte, die diese Therapie empfehlen, sind sicher Mitglieder dieser Gesellschaft. Umso beachtenswerter ist die Kritik. Dort heißt es: „Auf mehrfache … Anfragen … wurde von Prof. Wehling … bzw. der Fa. Orthogen (Hersteller) darauf hingewiesen, dass derzeit mehrere Studien durchgeführt werden, deren Ergebnisse jedoch noch nicht publiziert sind. Es wurde eine Presseerklärung der gemeinsamen Pressestelle vom Universtätsklinikum Düsseldorf und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf vom 31.5.2005 zugesandt, in der Studienergebnisse von „rund 400 Patienten” unter einer Therapie mit Orthokin vorgestellt werden. Da es sich lediglich um eine Presseerklärung handelt, die keine Originaldaten enthält, kann keine wissenschaftlich fundierte Beurteilung … vorgenommen werden…. Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Rüdiger Krauspe, Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik Düsseldorf erstellt. Es wird (in der Presseerklärung) eine Besserung in der Orthokingruppe gegenüber den Vergleichsgruppen berichtet.

Die genaue Herstellung des Präparates Orthokin wird weder in der Pressemitteilung noch in öffentlich zugänglichen Informationen dargestellt. Offenbar handelt es sich um die Behandlung körpereigenen Vollblutes mit präparierten Glaskügelchen im Rahmen einer 24-stündigen Inkubation bei 37°…. Eine Therapieempfehlung kann derzeit nicht ausgesprochen werden. … ”

Es schadet dem Ansehen der Ärzte und der beteiligten Universität, wenn diese Therapie als Individuelle Gesundheitsleistung zum Preis von 900 EUR breit gestreut angeboten wird, ohne dass fundierte Veröffentlichungen vorliegen. In unseren Augen handelt es sich um Quacksalberei, auf neudeutsch: „Abzocke”. <<

Literatur

  1. www.dgrh.de.uploads/dgrhcontent/m1/k1/doc/stellungnahmeorthokin%20end160206.pdf