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Orales Glucosaminsulfat bei Hüftgelenksarthrose wirkungslos

Vor sieben Jahren haben wir über eine plazebokontrollierte Studie zum Effekt von 1500 mg/d Glucosaminsulfat (GAS) auf Beschwerden und Änderung des Gelenkspalts bei Gonathrose berichtet (1). In dieser Studie hatte GAS einen leicht positiven Effekt im Beschwerde-Score, und die weitere Verschmälerung des Gelenkspalts nach drei Jahren Therapie war etwas geringer als unter Plazebo. Auch ein Cochrane-Review über 20 Studien mit 2750 Patienten (2) kam zu dem Schluss, dass GAS einen nachweisbaren therapeutischen Effekt bei Gonarthrose hat, besonders bei Verwendung eines standardisierten Präparats der italienischen Firma Rottapharm, das auch von den Autoren unserer früher referierten Studie (1) verwendet wurde. Allerdings ergab sich die Frage, ob hier die Herstellerfirma an der Erstellung signifikanter Ergebnisse mitgewirkt hat (3).

R.M. Rozendaal et al. aus Rotterdam teilen jetzt die Ergebnisse der ersten plazebokontrollierten Studie über den Effekt von 1500 mg/d GAS über 24 Monate bei Coxarthrose mit (4). Je 111 Patienten (im Mittel 63 Jahre alt, ca. 70% Frauen) erhielten randomisiert und doppeltblind entweder zwei Tabletten zu 750 mg/d GAS oder identisch aussehendes Plazebo. Die Tabletten wurden von der Firma Research BV (Wageningen, Holland) zur Verfügung gestellt. Hergestellt wurden sie von der Firma Nutricia Manufacturing USA (Greenville, South Carolina). Die Studie wurde von der Universität Rotterdam finanziert. Nach Angaben der Autoren hatte weder die Universität noch die GAS vermarktende Firma Einfluss auf Planung, Durchführung und Auswertung der Studie. Patienten, bei denen eine Gelenkersatz-Operation geplant war und solche mit erheblicher Ko-Morbidität wurden nicht randomisiert. Die Patienten mussten die Kriterien für „hip osteoarthritis” des American College of Rheumatology erfüllen. Primäre Endpunkte waren der auch in unserer früher referierten Studie verwendete WOMAC-Score 3.1 betreffend Schmerz, Funktion und Steifheit der Hüftgelenke sowie eine standardisierte Messung der Breite des Hüftgelenkspalts am stärker betroffenen Gelenk, alles nach Randomisierung und nach 24 Monaten Intervention.

Sieben Patienten der Plazebo- und 13 der GAS-Gruppe benötigten oder erhielten während der Studiendauer einen Hüftgelenkersatz. Bei den übrigen Patienten lagen die basalen WOMAC-Scores für Schmerz/Funktion/Steifheit in der Plazebo-Gruppe bei ca. 32/31/42 Punkten, in der Verum-Gruppe bei 34/35/43 Punkten. Weder im WOMAC-Score noch bei den Änderungen des Gelenkspalts gab es Unterschiede zwischen Verum und Plazebo, die auch nur annähernd in den Bereich einer Signifikanz oder klinischen Bedeutsamkeit kamen. Allerdings hatten 26,1% der Verum-Patienten vs. 19,6% der Plazebo-Patienten nach 24 Monaten einen geringeren Verbrauch an erlaubten Schmerzmitteln als bei Randomisierung. Nach 12 Monaten war das Verhältnis aber umgekehrt: 22% vs. 25%. Beide Unterschiede sind nicht signifikant.

Es ist unklar, wie GAS bei Arthrose wirkt oder wirken soll. Möglicherweise ist der schwache, wenn auch immer noch umstrittene, therapeutische Effekt bei Gonarthrose auf eine etwas andere Pathogenese der Beschwerden bzw. der Gelenkveränderungen als bei der Hüftgelenkarthrose zurückzuführen. Die hier referierte Studie und das gesamte Thema GAS bei Arthrosen wird kompetent in einem Editorial von Bijlsma und Lafeber aus Utrecht kommentiert (3).

Fazit: Glucosaminsulfat ist bei Hüftgelenksarthrose unwirksam. Die Kosten für die vielen frei verkäuflichen GAS-Präparate (in der Roten Liste nur Glucosaminhemisulfat = Dona® 200 S) sollten besser für andere therapeutische Maßnahmen verwendet werden.

Literatur

  1. AMB 2001, 35, 23. Link zur Quelle
  2. Townsend, T.E., et al.: Cochrane Data Syst. Rev. 2005, CD 002946. Link zur Quelle
  3. Bijlsma, J.W.J., und Lafeber, F.P.: Ann. Intern. Med. 2008, 148, 315. Link zur Quelle
  4. Rozendaal, R.M., et al.: Ann. Intern. Med. 2008, 148, 268. Link zur Quelle