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Schwer behandelbare Kopfläuse: Ivermectin oral versus Malathion topisch

Über Probleme bei der Behandlung von Kopfläusen und über zunehmende Resistenzen der Läuse gegen chemische Pedikulozide haben wir kürzlich ausführlich berichtet (1). Man schätzt, dass weltweit ca. 100 Mio. Menschen/Jahr mit Kopflausbefall zu tun haben (2). Wegen zunehmender Resistenz gegen die häufig angewendeten Pyrethroide wurden auf dem US-amerikanischen Markt organophosphathaltige Insektizide wie Malathion (als 0,5%ige Lotionen) wieder angeboten. In Deutschland ist das bisher weniger gebräuchlich. Einen Vorteil könnte diese Substanz bei Befall in Familien oder Gemeinschaftseinrichtungen haben, da sie durch den Verbleib im Haar einen Schutz bis zu drei Wochen bieten soll. Aber auch gegen dieses Insektizid können Läuse resistent werden. Darüber hinaus ist Malathion, ebenso wie andere chemische Insektizide, eine toxische Substanz, die die Umwelt belasten kann (3). Somit geht die Suche nach der optimalen Behandlung, speziell bei resistenten Kopfläusen, weiter.

In einer kürzlich im N. Engl. J. Med. publizierten Studie wurde Ivermectin oral (Stromectol®), das bereits gegen andere Parasiten (einschließlich Krätze-Milben) erfolgreich eingesetzt wird, gegen Malathion topisch (Prioderm®) bei Kopflausbefall getestet (4). Es handelte sich um eine multizentrische, „Cluster”-randomisierte, doppeltblinde Vergleichsstudie, die von den Herstellern gesponsert wurde. Ivermectin wurde in einer Dosierung von 400 µg/kg KG oral mit 0,5%iger alkoholischer Malathion-Lotion (topisch) verglichen. Die Medikamente wurden eingenommen bzw. angewendet an Tag 1 und Tag 8 bei Patienten, die mit einem topischen Insektizid 2-6 Wochen zuvor nicht erfolgreich behandelt worden waren. Als „Cluster” wurde der Haushalt definiert, in dem die Kopfläuse aufgetreten waren. Der Befall wurde durch Kämmen mit einem feinzinkigen Läusekamm diagnostiziert und kontrolliert. Die lebenden Läuse wurden als Maß der Ausgangssituation gezählt. Alle Anwendungen wurden vom Studienpersonal durchgeführt. Es wurden Patienten ab einem Alter von zwei Jahren und mit mindestens 15 kg KG eingeschlossen. Der primäre Endpunkt der Studie war die Abwesenheit von Läusen an Tag 15.

Insgesamt wurden 812 Patienten aus 376 Haushalten in die Studie eingeschlossen. Am Tag 15 waren in der Ivermectin-Gruppe 95,2% und in der Malathion-Gruppe 85% frei von Läusen (p > 0,001). Nach Protokoll wurden die am Tag 15 nicht erfolgreich behandelten Patienten zur anderen Gruppe gewechselt, d.h. acht aus der Ivermectin-Gruppe und 31 aus der Malathion-Gruppe. Am Tag 29 waren 30 von den 31 (96,8%) aus der ursprünglichen Malathion- und alle aus der ursprünglichen Ivermectin-Gruppe frei von Läusen. Eine Befragung der Patienten ergab, dass 78,3% die Tabletten und 13% die Lotion bevorzugten; 8,7% hatten keine Präferenz.

Sieben von 398 (1,8%) in der Ivermectin- und fünf von 414 (1,2%) in der Malathion-Gruppe brachen die Therapie wegen UAW ab. Nur drei UAW wurden als schwer eingestuft. Hierunter war ein Krampfanfall eines Patienten in der Ivermectin-Gruppe sechs Tage nach der ersten Dosis. Er konnte auf einen temporalen Focus zurückgeführt werden. Ivermectin wurde schätzungsweise bisher bei 45 Mio. Menschen (150 Mio. Dosen) eingesetzt (5), ohne dass über besondere UAW berichtet wurde.

Eine Schwäche der Studie besteht möglicherweise darin, dass die vorausgesetzte erfolglose Vorbehandlung mit Insektiziden nur auf Angaben der Patienten beruhte, also zu Beginn der Studie keine Resistenztestung der Läuse vorlag. Dies entspricht aber durchaus der üblichen Praxis.

Fazit: Bei Patienten mit zuvor erfolgloser Behandlung von Kopfläusen ist Ivermectin oral der topischen Behandlung mit einem weiteren Insektizid (hier Malathion) überlegen. Es bleibt die Frage offen, ob ein oral einzunehmendes Läusemittel hierzulande eine hohe Akzeptanz fände.

Literatur

  1. AMB 2009, 43, 81. Link zur Quelle
  2. Roberts, R.J.: N. Engl. J. Med. 2002, 346, 1645. Link zur Quelle
  3. http://www.gifte.de/Chemikalien/malathion.htm Link zur Quelle
  4. Chosidow, O., et al.: N. Engl. J. Med. 2010, 362, 896. Link zur Quelle
  5. Ottsen, E.A., et al.: PloS Negl. Trop. Dis. 2008, 2, e317. Link zur Quelle