Die FDA hat in einer „Safety Communication” vor einer schweren gastrointestinalen UAW des Angiotensin-II-Rezeptor-Blockers (AT-II-RB) Olmesartan (Olmetec®, Votum®, Mencord®; mehrere Kombinationspräparate mit Thiaziddiuretika und Amlodipin) gewarnt und eine entsprechende Änderung der Gebrauchsinformation verfügt (1). Bei der UAW handelt es sich um eine Sprue-ähnliche Enteropathie, charakterisiert durch chronische Diarrhö mit ausgeprägtem Gewichtsverlust. Die Symptome, können bis zu zwei Jahren nach Therapiebeginn auftreten. Dem Adverse Event Reporting System der FDA (FAERS) wurden 23 Patienten gemeldet, und weitere 22 Patienten wurden von der Mayo Clinic publiziert (2). Die Patienten hatten ausführliche, aber ergebnislose diagnostische Abklärungen hinter sich, die meisten auch erfolglose Therapieversuche – u.a. monatelange glutenfreie Diäten, Therapien mit Kortikosteroiden und anderen Immunsuppressiva, Loperamid, Pankreasenzymen, Metronidazol etc. Alle Patienten wurden endoskopiert und alle hatten histologisch eine duodenale Zottenatrophie mit unterschiedlich starken inflammatorischen Befunden (intraepitheliale lymphozytäre Infiltrate, subepitheliale Kollagendepots). Nach Absetzen von Olmesartan gingen die Symptome und die histologischen Veränderungen bei allen nachuntersuchten Patienten zurück. Bei 16 Patienten kam es allein dadurch zu einer mittleren Gewichtszunahme von 12,2 kg! Andere therapeutische Maßnahmen oder Diäten waren nicht erforderlich.
Der Mechanismus dieser Olmesartan-assoziierten Sprue-ähnlichen Enteropathie ist nicht klar. Aufgrund des späten Einsetzens der UAW, der histologischen Nachweise von Kollagen-Ablagerungen (kollagene Sprue), Inflammation, intraepithelial vermehrten Lymphozyten sowie einer HLA-DQ2-Assoziation (68% vs. 25-30% in der Normalbevölkerung) wird eine verzögerte lokale Hypersensitivität oder eine zellulär vermittelte Immunantwort vermutet (2). Ein Klasseeffekt der AT-II-RB wird nach Auswertung US-amerikanischer Datenbanken (Mini-Sentinel, CMS Medicare) nicht angenommen (1). Die publizierten UAW sind kein Kausalitätsbeweis. Eine systematische Re-Exposition mit Olmesartan wurde nicht durchgeführt, allerdings hatten mehrere Patienten bereits zuvor eine eindeutige Assoziation von Olmesartan mit ihren gastrointestinalen Symptomen beobachtet, als sie Olmesartan pausiert und später wieder eingenommen hatten. Dennoch hatten die Ärzte, die Olmesartan verschrieben hatten, und konsultierte Gastroenterologen keinen Zusammenhang vermutet.
Fazit: Unter Dauertherapie mit Olmesartan kann es (selten) zu einer schweren gastrointestinalen UAW mit Sprue-ähnlicher Symptomatik und lebensbedrohlicher Malabsorption kommen. Patienten, die unter Olmesartan – auch Monate und Jahre nach Therapiebeginn – anhaltende Diarrhö mit Gewichtsverlust erleiden, sollten entsprechend abgeklärt werden. Falls keine andere Ursache (z.B. gluten-sensitive Enteropathie mit Nachweis antiendomysialer Antikörper) gefunden wird, sollte Olmesartan abgesetzt und durch ein anderes Antihypertensivum ersetzt werden. Prinzipiell muss bei jedem Symptom nicht zu klärender Genese an einen Zusammenhang mit einem Arzneimittel gedacht werden.
Literatur
- http://www.fda.gov/… Link zur Quelle
- Rubio-Tapia,A., et al.: Mayo Clin. Proc. 2012, 87, 732. Link zur Quelle