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Studie zur Massenbehandlung bei Scabies

Scabies (Krätze) ist eine zu selten diagnostizierte parasitäre Hauterkrankung. Die WHO stuft sie als global bedeutsame Erkrankung ein (1). Sie wird durch Hautmilben (Sarcoptes scabiei var. hominis) hervorgerufen, die im Stratum corneum der Haut Gänge graben. Am Ende eines solchen Ganges können, besonders bei heller Haut, manchmal die Weibchen mit dem Stereodermatoskop oder mikroskopisch in einem Hautgeschabsel nachgewiesen werden. Meist beschränkt sich der Befall auf wenige Tiere. Durch Kot und Eier der Tiere und auch durch die Grabungsaktivität entstehen lokale immunologische Reaktionen, die dann – meist erst Wochen nach der Ansteckung – zu Juckreiz und ständigem Kratzen (Name!) führen. Bevorzugt werden die interdigitalen und inguinalen Regionen sowie die Achseln befallen. In besonderen Situationen, z.B. bei Immunsuppression, können die Parasiten in großer Zahl auf der gesamten Haut auftreten (Scabies norvegica oder Borkenkrätze). Diese Form ist hoch ansteckend, im Gegensatz zur weniger ansteckenden normalen Krätze, bei der es eines längeren, engen Hautkontakts bedarf. In Deutschland wird die Scabies derzeit häufiger diagnostiziert, u.a. bei zugewanderten Flüchtlingen (vgl. auch 2).

In vielen Entwicklungsländern ist die Erkrankung sehr weit verbreitet. Durch das ständige Kratzen entstehen Superinfektionen mit Hautbakterien (Staphylokokken und Streptokokken) in Form der Impetigo, besonders bei Kindern. Die Impetigo kann auch zu Bakteriämie und Sepsis führen (3).

Es gibt effektive topische und systemische Behandlungen. Sie führen aber in Ländern, in denen die Erkrankung endemisch ist, nicht dauerhaft zum Erfolg, denn die Behandelten stecken sich in den Familien und bei anderen Kontaktpersonen immer wieder neu an. Deshalb kann ein Programm in Form einer gleichzeitigen Massenbehandlung sinnvoll sein, wie beispielsweise bei der Eindämmung der Flussblindheit und anderer Infektionen (5).

Eine Studie zu einer Massenbehandlung gegen Scabies auf den Fidschi-Inseln, wo der Befall sehr häufig ist, wurde kürzlich publiziert (5). Sie wurde auf drei Inseln des Archipels durchgeführt mit jeweils unterschiedlicher Behandlungsstrategie. Auf einer Insel wurden nur die Betroffenen und deren Verwandte topisch mit Permethrin behandelt (Standard-Behandlung), einem aus Chrysanthemenblüten abgeleiteten synthetischen Insektizid, das u.a. auch gegen Kopfläuse angewandt wird (vgl. 6). Auf einer anderen Insel erhielten alle Einwohner topisch Permethrin (Permethrin-Gruppe) und auf einer weiteren alle Einwohner systemisch Ivermectin (Ivermectin-Gruppe). Der primäre Endpunkt war die Änderung in der Inzidenz der Scabies und der Impetigo bei Beginn der Intervention bis zu einem Jahr später.

Insgesamt wurden 2.051 Teilnehmer eingeschlossen: 803 Teilnehmer waren in der Standard-Gruppe, 532 in der Permethrin-Gruppe und 716 in der Ivermectin-Gruppe. Die topische Anwendung von Permethrin (als Salbe) wurde zweimal im Abstand von 14 Tagen durchgeführt. Die Einnahme von Ivermectin erfolgte einmalig unter Aufsicht. Ab Beginn der Intervention sank die Prävalenz der Scabies in allen Gruppen: von 36,6% auf 18,8% in der Standard-Gruppe, von 41,7% auf 15,8% in der Permethrin-Gruppe und – besonders stark – von 32,1% auf 1,9% in der Ivermectin-Gruppe.

Auch die Prävalenz von Impetigo sank in allen Gruppen signifikant und ebenfalls am stärksten in der Ivermectin-Gruppe: von 21,4% auf 14,6% in der Standard-, von 24,6% auf 11,4% in der Permethrin- und von 24,6% auf 8,0% in der Ivermectin-Gruppe. Nebenwirkungen (Juckreiz und Kopfschmerzen) waren selten und milde. Sie waren in der Ivermectin-Gruppe häufiger als in den Permethrin-Gruppen (15,6% vs. 6,8%).

Für die Entwicklung von Ivermectin, das besonders auch bei Wurmerkrankungen wie Flussblindheit sehr wirksam ist (7), wurde im vergangenen Jahr der Nobelpreis für Medizin verliehen. Ivermectin wird auch gegen Kopfläuse eingesetzt (8) und erhielt außerdem 2015 vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Zulassung zur lokalen Therapie der Rosacea papulopustulosa (9, 10).

Fazit: Eine Massenbehandlung gegen Scabies in Bevölkerungsgruppen mit hoher Inzidenz der Erkrankung scheint erfolgreich, wobei Ivermectin besonders gut wirksam ist.

Literatur

  1. Scabies. Geneva: World Health Organization, 2015. Link zur Quelle
  2. https://www.rki.de/DE/Content/ Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Skabies.html Link zur Quelle
  3. Heukelbach, J., und Feldmeier,H.: Lancet 2006, 367, 1767. Link zur Quelle
  4. Centers for DiseaseControl and Prevention: Link zur Quelle
  5. Romani, L., et al.(SHIFT = Skin Health Intervention Fiji Trial): N. Engl. J. Med. 2015, 373, 2305. Link zur Quelle
  6. AMB 2009, 43,81. Link zur Quelle
  7. AMB 2003, 37,25. Link zur Quelle
  8. AMB 2010, 44,37. Link zur Quelle
  9. http://www.bfarm.de/… Link zur Quelle
  10. AMB 2016, 50,07. Link zur Quelle