Die Infektion des menschlichen Gehirns mit den zystischen Larven des Schweinebandwurms (Taenia solium) ist die häufigste Ursache für die Spätmanifestation von Epilepsie und Krampfanfällen weltweit (1). Bis Anfang des letzten Jahrhunderts traf das z.B. auch für Berlin noch zu (2). Die Transmission findet heute meist in ländlichen Gegenden statt, wo Menschen mit dem adulten intestinalen Schweinebandwurm infiziert sind und die Schweine in ihrem Fleisch die zystische Larve (Zystizerkose) tragen. Durch das Fressen menschlichen Kotes, der Schweinebandwurm-Eier enthält, infizieren sich unter schlechten hygienischen Verhältnissen die Hausschweine. Menschen infizieren sich, in dem sie mit zystischen Larven kontaminiertes Schweinefleisch essen, ohne es vorher ausreichend zu erhitzen. Durch die Ingestion von Eiern des Schweinebandwurms kann es beim Menschen zu der gefährlichen Neurozystizerkose kommen, die eine Ursache für Krampfanfälle und Epilepsie sein kann. Die Neurozystizerkose ist ein großes gesundheitliches Problem in Gegenden mit hoher Durchseuchung der Schweine, wie z.B. in Südamerika. Die Behandlung ist aufwändig, langwierig und häufig nicht befriedigend. Daher gilt die Prävention durch Unterbindung der Übertragung als entscheidend für die Kontrolle dieser Wurmerkrankung. Als Maß für den Erfolg solcher Interventionen wird die Durchseuchung der Schweine in der betreffenden Region herangezogen. Die Inzidenz der Neurozystizerkose beim Menschen ist hierfür nicht geeignet, denn es kann Jahre bis Jahrzehnte dauern, bis sie sich klinisch manifestiert.
In einem Endemiegebiet in Nord-Peru wurden jetzt verschiedene Maßnahmen zur Eradikation dieser Erkrankung getestet (3). Das Programm wurde von mehreren Instituten unterstützt. Involviert waren zwei peruanische und eine US-amerikanische Universität. Es wurde ein dreiphasiges Programm aufgelegt, das Interventionsstrategien sowohl bei Menschen als bei Schweinen beinhaltete. Als Endpunkt galt die Häufigkeit des Befalls mit infektiösen zystischen Larven bei den Schweinen.
In der Phase 1 wurde die Umsetzung von Interventionsstrategien in 42 Dörfern überprüft, wie z.B. die Testung von Mensch und Schwein sowie die antiparasitäre Therapie von Mensch und Schwein, Aufklärung der Einwohner und Entfernung infizierter Schweine. Die Menschen wurden mit Niclosamid und die Schweine mit Oxfendazol behandelt. In der Phase 2 wurde eine Massenbehandlung und Massentestung (mit und ohne Impfung der Schweine gegen Taenia solium) in 17 Dörfern durchgeführt. In der Phase 3 wurde in der gesamten Region Tumbes mit 107 Dörfern, 81.170 Menschen und 55.638 Schweinen eine Massenbehandlung der Menschen und Schweine sowie die Impfung der Schweine umgesetzt.
In der Phase 1 waren 10.753 Menschen und 17.102 Schweine beteiligt. Nur geringe, aber signifikante Unterschiede im Vergleich zur Aufklärung (als Referenzintervention) wurden durch die Massentestung und Massentherapie erzielt. In dieser Phase wurden 326 Schweine aufgekauft und genauer untersucht. Hierbei wurde festgestellt, dass 18 der 326 (5,5%) Tiere lebende zystische Larven im Fleisch enthielten, demgegenüber waren 180 (55%) seropositiv. Das bedeutet, dass der serologische Test einen geringen prädiktiven Wert hat für die Abschätzung des Erreger-Reservoirs bei Schweinen.
Nachdem die Strategien der Phase 2 umgesetzt worden waren, wurden bei 658 gekauften Schweinen keine zystischen Larven gefunden, die transmissionsfähig gewesen wären. Ein Jahr später wurden – ohne weitere Interventionen – bei 7 von 310 Schweinen infektiöse zystische Larven gefunden. Immerhin wurde in 11 von 17 Dörfern kein infiziertes Schwein mehr gefunden. In diesen 11 Dörfern waren eine Massenbehandlung von Mensch und Schwein sowie eine Impfung der Schweine durchgeführt worden.
In der Phase 3 wurden im Rahmen der Massenbehandlung in drei Runden 84,7% der 81.770 Menschen behandelt. Nebenwirkungen waren selten; milde abdominelle Beschwerden traten bei 0,4%, breiiger Stuhl bei 0,2% und Kopfschmerzen bei 0,1% auf. Bei den Schweinen wurde Oxfendazol alle zwei Monate verabreicht. Die Impfkampagne bei den Schweinen bestand aus zweimal zwei Impfungen. Am Ende der Intervention wurden 3.530 Schweine serologisch getestet, und 342 seropositive Schweine wurden genauer durch Autopsie auf infektiöse zystische Larven untersucht. Nach Durchführung der Phase 3 wurden bei 3 von 342 Schweinen infektiöse zystische Larven gefunden, allerdings waren dies keine Schweine aus der Interventionsgruppe. In 105 von 107 Dörfern wurde kein infiziertes Schwein mehr gefunden.
Fazit: Durch eine aufwändige Massenbehandlung von Menschen und Schweinen sowie mit Impfungen von Schweinen konnte in einem Endemiegebiet in Nord-Peru die Transmission von Taenia solium unterbrochen werden.
Literatur
- Garcia,H.H., und Del Brutto, O.H.: Lancet Neurol. 2005, 4, 653. Link zur Quelle
- Zeitz, M., et al.: J. Mol. Med. (Berl.). 2001, 79, 417.Link zur Quelle
- Garcia, H.H.,et al.: N. Engl. J. Med. 2016, 374, 2335. Link zur Quelle