Fragen von Dr. J.S. aus N.N. (gekürzt): >> Ich komme aus einer Familie mit gehäuftem Auftreten eines in der Kindheit beginnenden Restless-legs-Syndroms (RLS). Die Erkrankung scheint sich nun auch bei meinem 2,5 Jahre alten Enkel zu manifestieren. Er leidet an Beinunruhe und Schlaflosigkeit und seine Eltern sind dadurch seit 1,5 Jahren ebenfalls schlaflos. Der behandelnde Pädiater erklärte zu der wiederholt vorgetragenen Situation, dass diese Erkrankung so selten und damit fast ausgeschlossen sei. Aktuelle Zahlen sagen jedoch, dass die Häufigkeit des RLS im Kindesalter bei 2% liegt und sehr oft nicht erkannt wird. Als ich mich mit 60 Jahren entschloss, Levodopa/Benserazid zu nehmen, sistierte erstmals das RLS, und ich kann seitdem regelmäßig gut schlafen. Ein einmaliger Therapieversuch beim Enkelsohn mit 1 mg/kg Levodopa führte dazu, dass das RLS sistierte und er und seine Eltern in dieser Nacht schlafen konnten. Eine weitere Behandlung erfolgte aus Sicherheitsgründen nicht, weil ich gehört habe, dass Levodopa nicht vor Abschluss des Knochenwachstums gegeben werden soll, da es zu Ablagerungen im Knochen führen könnte. Ein abendliches Erschöpfungstraining der Beine und Levodopa scheinen aber die einzigen Mittel zu sein, die die Schlaflosigkeit des Kindes und der Familie bessern können. Gibt es Untersuchungen über die Behandlung von RLS bei Kindern mit Levodopa? Gibt es Informationen zu Skelettablagerungen oder anderen schädlichen Nebenwirkungen bei Kindern, die mit Levodopa wegen RLS behandelt wurden? <<
Antwort: >> Das RLS (vgl. Therapie bei 11) kommt tatsächlich auch schon im Kindesalter vor; die Prävalenz wird auf 2% geschätzt (1). Es existieren diagnostische Kriterien für das pädiatrische RLS (2), aber keine zuverlässigen Daten aus klinischen Studien zur Therapie (3, 4). Eine zugelassene medikamentöse Therapie steht auch nicht zur Verfügung. Neben Verhaltensmaßnahmen wird eine Eisensubstitution empfohlen (4). Im Gegensatz zu Erwachsenen ist die Evidenz für die Wirksamkeit einer Eisensubstitution bei Kindern mit RLS allerdings ungenügend. Dennoch empfiehlt die Leitlinie der International Restless Legs Syndrome Study Group (IRLSSG) nach Bestimmung des Eisenstatus einen Therapieversuch mit oraler Eisensubstitution bei Kindern für 3 Monate; ein Serum Ferritin ≥ 50 mg/l sollte angestrebt werden (3).
In einer kleinen randomisierten kontrollierten und doppelblinden Studie bei Kindern zwischen 7 und 12 Jahren mit RLS und ADHS führte eine Behandlung mit Levodopa (max. 600 mg/d) zu einer Besserung des RLS (5). Laut Fachinformation darf Restex® (Levodopa plus Benserazid) allerdings nicht von Patienten vor dem 25. Lebensjahr eingenommen werden, da die Entwicklung der Knochen abgeschlossen sein müsse (6). Die wissenschaftliche Basis dafür ist nicht klar. Eine Fall-Kontroll-Studie mit Parkinson-Patienten weist auf eine Assoziation zwischen der Höhe der Dosis von Levodopa, der Serumkonzentration von Homocystein und der Knochendichte hin (7). Homocystein ist ein Metabolit von Levodopa, und eine Hyperhomocysteinämie ist mit Osteoporose assoziiert (8). Levodopa könnte daher eine Osteoporose begünstigen. Es ist aber unwahrscheinlich, dass Levodopa das Knochenwachstum von Kindern in relevantem Ausmaß stört. Die Levodopa-„responsive“ Dystonie (Segawa-Syndrom) ist eine seltene hereditäre Erkrankung, bei der die Synthese von Levodopa gestört ist, die sich typischerweise im Kindesalter mit Dystonie manifestiert und die auf eine langfristige Therapie mit Levodopa sehr gut anspricht (9). Über eine Störung der Knochenentwicklung unter dieser Therapie ist nicht berichtet worden. Im Gegenteil, es gibt anekdotische Berichte, dass sich unter Therapie mit Levodopa ein mit dieser Bewegungsstörung assoziierter Kleinwuchs bessert (10).
Zu Dopaminagonisten, die bei Erwachsenen zur Behandlung des RLS zugelassen sind sowie zu Gabapentin und Pregabalin, die bei Erwachsenen wirksam, aber nicht zugelassen sind, liegen bei Kindern keine belastbaren Daten vor (4).<<
Literatur
- Picchietti, D., et al. (Peds REST): Pediatrics 2007, 120, 253. Link zur Quelle
- Picchietti, D.L., et al. (IRLSSG = International Restless Legs Syndrome Study Group): Sleep Med 2013, 14, 1253. Link zur Quelle
- Allen, R.P., et al. (IRLSSG = International Restless Legs Syndrome Study Group): Sleep Medicine 2018, 41, 27. Link zur Quelle
- DelRosso, L., und Bruni, O.: Adv. Pharmacol. 2019, 84, 237. Link zur Quelle
- England, S.J., et al.: Sleep Med. 2011, 12, 471. Link zur Quelle
- https://www.patienteninfo-service.de/ a-z-liste/r/restexR-100-mg–25-mg-tabletten Link zur Quelle
- Lee, S.H., et al.: Calcif. Tissue Int. 2010, 86, 132. Link zur Quelle
- van Meurs, J.B.J., et al.: N. Engl. J. Med. 2004, 350, 2033. Link zur Quelle
- Trender-Gerhard, I., et al.: J. Neurol. Neurosurg. Psychiatry 2009, 80, 839. Link zur Quelle
- Segawa, M., et al.: Ann. Neurol 2003, 54 (Suppl. 6), S32. Link zur Quelle
- AMB 2014, 48, 73. Link zur Quelle