Dr. A.M. aus K. schreibt: >> Leider ist Ihr CME-Artikel (1) zum RLS nicht konsequent genug. So werden von Ihnen einerseits die Einflussnahme der Medikamenten-Hersteller auf Studien angedeutet („durchführen lassen“, „Ghostwriter“, „bezahlt“), andererseits werden die gravierenden methodischen Mängel (z.B. selten Verblindung) nicht zum Anlass genommen, die Ergebnisse aus diesen Studien und Reviews grundsätzlich in Frage zu stellen. Daher trifft die von Ihnen zitierte, jedoch leider ohne weitere Begründung zugleich relativierte Sichtweise voll ins Schwarze: Beim RLS handelt es sich um eine „erfundene Erkrankung“, deren medikamentöse Behandlung primär den pharmazeutischen Unternehmen nutzt. Alles andere müsste zunächst wissenschaftlich(!) erforscht werden. <<
Antwort: >> Wir stimmen mit Ihnen überein, dass die möglicherweise vielfältigen Ursachen des RLS nicht klar sind, die rein anamnestischen Diagnose-Kriterien häufig zu Fehl- bzw. Überdiagnosen führen und dass die Behandlungsversuche in keiner Hinsicht zufriedenstellen – besonders wegen der iatrogenen Augmentation. Die meisten Patienten, die formal die diagnostischen Kriterien erfüllen, benötigen keine medikamentöse Therapie (vgl. auch Übersicht bei 2), weil die Beschwerden tolerabel sind und sich anders bessern lassen. In Arzneimittelstudien und durch die Artikelflut zum RLS in der Tagespresse wird suggeriert, dass diese Patienten eine dringliche Indikation für eine medikamentöse Therapie haben. Dadurch entstehen ein schiefes Bild und der berechtigte Verdacht der Medikalisierung und des disease mongering (3-5). Die von pharmazeutischen Unternehmern initiierten klinischen Studien sind von unterschiedlicher Qualität, und sie haben wohl auch das Ziel, die Indikation und damit den Umsatz zugelassener Arzneimittel auszuweiten. Aus eigener klinischer Erfahrung sind wir allerdings nicht der Meinung, dass es sich beim RLS um eine komplett „erfundene Krankheit“ handelt. Es ist ein Syndrom, das z.B. bei Dialysepatienten (während und zwischen den Behandlungen) nicht selten ist und erhebliches Leiden verursachen kann. Als Forschungsergebnis ist zu wünschen, dass das derzeit nur anamnestisch und unscharf zu diagnostizierende RLS pathophysiologisch besser zu definieren und zu behandeln sein wird (idiopathisch = genetisch?). <<
Literatur
- AMB 2014, 48, 73. Link zur Quelle
- http://www.akdae.de/Arzneimitteltherapie/AVP/Archiv/20142.pdfLink zur Quelle
- Moynihan, R., et al.: BMJ 2002, 324,886. Link zur Quelle
- AMB 2004, 38, 08a. Link zur Quelle
- http://www.ploscollections.org/downloads/plos_medicine_diseasemongering.pdf Link zur Quelle