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Leserbrief: Psychotrope Wirkungen von Loperamid?

Frage von Dr. M.L. aus H.: >> Ist eine psychotrope (zentrale) Wirkung bzw. Nebenwirkung von Loperamid bekannt? Ist eine Suchtpotenz anzunehmen? << Frage von Dr. W.T. aus Berlin:>> Ein alkoholkranker Patient entwickelte massive Durchfälle während der zwei Jahre, in denen er „trocken“ war. Während dieser Zeit brauchte er zur „Behandlung“ der Durchfälle 5 bis 15 Kapseln Loperamid, die ihm verschrieben wurden, nachdem eine sehr eingehende klinische Untersuchung die Ursachen des Durchfalls nicht endgültig klären konnte. Als er später mit einem Rückfall der Alkoholkrankheit aufgenommen wurde, sistierten die Durchfälle, traten aber während der Entgiftung im Krankenhaus sofort wieder auf. Er verlangte eine hohe Dosis Loperamid, bekam sie, und die Durchfälle sistierten. Kann Loperamid eine „Ersatzdroge“ sein? << Antwort: >> Loperamid ist dem FWS (Frühwarnsystem zur Erfassung der Mißbrauchsmuster, W. Keup, Pöcking b. Starnberg) erstmals 1994 als mißbraucht gemeldet worden. Zusammen mit Fallmeldungen nach einer gezielten Umfrage (Keup, arznei-telegramm 3/95) sind derzeit 9 Fälle von Loperamid-Mißbrauch bekannt, davon 4 aus verschiedenen UAW-Melderegistern. Dabei wurden Wirkungen angestrebt, wie sie beim Mißbrauch von Opioiden bekannt sind, vornehmlich Euphorisierung. Dies ist wegen struktureller Verwandtschaften zu Meperidin, Diphenoxylat, Methadon u.a. nicht verwunderlich; diese Substanzen haben nicht nur ein Mißbrauchspotential, sondern haben auch die antiperistaltische/antidiarrhöische Wirkung gemeinsam. Im Tierversuch (Rhesus-Affen) wurde Selbstapplikation von Loperamid beobachtet.

Dem FWS liegen Meldungen über lokal und zeitlich begrenzte Versuche von Gruppen Jugendlicher vor, die Loperamid von Apotheken zu kaufen versucht haben, um damit Befindlichkeitsveränderungen zu erzielen.

Bedenkt man, daß 1996 Loperamid als lmodium Verschreibungs-Rang 60 mit 60944000 DDD/Jahr und als Loperamid-ratiopharm Rang 542 mit 1297000 DDD/Jahr, neben weiteren Handels-Präparaten, erreicht haben (Schwabe, U.: Arzneiverordnungs-Report 97), so ist die Zahl der Mißbrauchsmeldungen relativ klein. Angesichts des zweifelsfrei bestehenden Mißbrauchs-/Abhängigkeits-Potentials von Loperamid sollte längerdauernde Verschreibung unbedingt vermieden werden. Von der Rezeptur an manifest oder potentiell Abhängigkeitskranke ist dringend abzuraten. <<