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Neues onkologisches Arzneimittel: Ipilimumab (Yervoy®)

Kürzlich haben wir über Vemurafenib (Zelboraf®) berichtet, das im Februar 2012 zur Behandlung noch unbehandelter Patienten mit BRAF-V600-Mutation-positivem, nicht resezierbarem oder metastasiertem Melanom zugelassen worden ist (1).

Bereits im Juli 2011 ist für vorbehandelte Patienten mit fortgeschrittenem Melanom Ipilimumab zugelassen worden. Ipilimumab ist ein rekombinanter humaner monoklonaler Antikörper, der an ein Antigen aktivierter zytotoxischer T-Lymphozyten bindet (Cytotoxic T-lymphocyte associated antigen 4 = CTL-4). Diese Bindung verstärkt die T-Zell-vermittelte Immunantwort, die zum Tod der Tumorzellen führen soll (2, 3).

Für die Zulassung von Ipilimumab wurde vom Hersteller eine doppeltblind durchgeführte Phase-III-Studie vorgelegt, in die 676 vorbehandelte Patienten mit nicht resezierbarem malignem Melanom eingeschlossen wurden (3, 4). Es wurden ausschließlich HLA-A2*0201-positive Patienten eingeschlossen, da im Vergleichsarm ein experimentelles Tumorvakzin (gp100) eingesetzt wurde, das nur bei diesen Patienten wirken kann. Die Patienten erhielten randomisiert (3:1:1) entweder Ipilimumab (3 mg/kg) plus Vakzin gp100 (n = 403), ausschließlich Ipilimumab (n = 137) oder ausschließlich gp100 (n = 136). Diese Induktionstherapie wurde alle drei Wochen bis zu viermal appliziert. Bei Krankheitsprogression konnten weitere Re-Induktionstherapien gegeben werden.

Der primäre Endpunkt der Studie war zunächst die Ansprechrate (Best overall response rate = BORR), wurde aber im Verlauf auf das Gesamtüberleben (OS) verändert. Zu den sekundären Endpunkten gehörte die krankheitsbezogene Lebensqualität (Health related Quality of Life = HRQoL).

Bei der Auswertung waren die 151 noch lebenden Studienteilnehmer im Median mindestens 17 Monate lang beobachtet worden. Das mediane OS betrug unter der Therapie mit Ipilimumab plus Impfstoff 10,0 Monate (95%-Konfidenzintervall = CI: 8,5-11,5), verglichen mit 6,4 Monaten (CI: 5,5-8,7) unter dem Impfstoff allein. Der Unterschied war statistisch signifikant (Hazard Ratio = HR: 0,68 (CI: 0,55-0,85), p < 0,001). Unter der Therapie mit ausschließlich Ipilimumab betrug das mediane OS 10,1 Monate (CI: 8,0-13,8). Die Lebensqualität verbesserte Ipilimumab nicht (5).

In einer weiteren randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studie wurde Ipilimumab bei unbehandelten Patienten (n = 502) mit einem nicht resezierbaren Melanom getestet (3). Die Patienten bekamen entweder Dacarbazin oder Dacarbazin plus Ipilimumab in höherer Dosierung (10 mg/kg). Dacarbazin plus Ipilimumab verlängerte das mediane OS um 2,1 Monate im Vergleich zum Dacarbazin-Arm (11,2 vs. 9,1 Monate).

Die Aktivierung des Immunsystems durch Ipilimumab kann zu schweren unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) führen. Gastrointestinale UAW sind häufig und Todesfälle aufgrund gastrointestinaler Perforation wurden beschrieben (2, 3). Auch immunvermittelte UAW der Leber, der Haut, des Nerven- und endokrinen Systems können lebensbedrohlich sein (2, 3). In der Zulassungsstudie wurden insgesamt 14 Todesfälle auf die Studienmedikation zurückgeführt, davon traten 12 unter Ipilimumab auf (3).

Im Rahmen der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln ergibt sich für das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) ein beträchtlicher Zusatznutzen von Ipilimumab (6). Der Beschluss des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA) über das Ausmaß des Zusatznutzens wird im August 2012 erwartet (7).

Die Arzneimittelkosten für Ipilimumab sind sehr hoch. In einer Dosierung von 3 mg/kg kostet eine Induktionstherapie für einen 70 kg schweren Patienten ca. 87.000 € (8).

Fazit: Ipilimumab verlängerte das Überleben von Patienten mit einem fortgeschrittenen Melanom im Vergleich zu einem experimentellen Impfstoff um 3,6 Monate, was angesichts der kurzen Lebenserwartung dieser Patienten (3-6 Monate) von Einzelnen als Gewinn empfunden werden kann. Dem Nutzen stehen jedoch UAW gegenüber, die häufig auftreten und lebensbedrohlich sein können. Wesentliche Fragen zur Therapie mit Ipilimumab sind noch ungeklärt, wie z.B. die optimale Dosierung und die Dauer der Therapie (9).

Literatur

  1. AMB 2012, 46, 34. Link zur Quelle
  2. Bristol-Myers Squibb:Fachinformation Yervoy® 5 mg/ml, Stand Juli 2011.
  3. European Medicines Agency(EMA): European public assessment report (EPAR) for Yervoy®. Link zur Quelle Letzter Zugriff: 31.5.2012.
  4. Hodi, F., et al.: N.Engl. J. Med. 2010, 363, 711. Link zur Quelle ErratumN. Engl. J. Med. 2010, 363, 1290.
  5. Bristol-Myers Squibb GmbH& Co.: Dossier zur Nutzenbewertung. Link zur QuelleLetzter Zugriff: 31.5.2012.
  6. Institut für Qualität undWirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG): Link zur Quelle Letzter Zugriff: 31.5.2012.
  7. GemeinsamerBundesausschuss (G-BA): Nutzenbewertungsverfahren zum Wirkstoff Ipilimumab. Link zur Quelle Letzter Zugriff:31.5.2012.
  8. AkdÄ: Yervoy®.Stand 28.11.2011. Link zur Quelle Letzter Zugriff: 28.5.2012.
  9. Ludwig Boltzmann Institut2010: Link zur Quelle Letzter Zugriff: 31.5.2012.