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Verstärkung der sensorischen Neuropathie nach Oxaliplatindurch größere Operationen

Oxaliplatin (Eloxatin) ist ein Diaminozyklohexan-Platin-Derivat, das sich von Cisplatin durch ein anderes Wirkungsspektrum und Potenzial an unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) unterscheidet. Die Substanz ist seit 1999 zur palliativen Behandlung des metastasierten kolorektalen Karzinoms in Kombination mit 5-Fluorouracil und Folinsäure zugelassen. Eine für Oxaliplatin spezifische Toxizität ist die von der kumulativen Dosis abhängige sensorische periphere Neuropathie. Diese UAW tritt zunächst nur vorübergehend nach Applikation des Medikaments und durch Kälteexposition auf. Bei Fortsetzung der Behandlung kommt es zu einer anhaltenden sensorischen Polyneuropathie mit Taubheitsgefühl und Parästhesien (auch ohne Kälteexposition), die schließlich zu Beeinträchtigungen bei Verrichtungen des täglichen Lebens führen kann. Bei einer sehr variablen kumulativen toxischen Oxaliplatin-Dosis (ca. 800-1000 mg/m², im Einzelfall schwankend zwischen 300 mg/m² oder > 2000 mg/m²) ist der Onkologe manchmal gezwungen, die Oxaliplatin-Dosis zu reduzieren oder aber das Medikament – zumindest vorübergehend – abzusetzen (1, 2).

Seit mehreren Jahren werden Strategien verfolgt, mit denen eine Oxaliplatin-basierte Chemotherapie bei zunächst als inoperabel eingestuften Lebermetastasen eines kolorektalen Karzinoms zu einer guten partiellen Remission führen soll, so daß im Anschluß an diese Chemotherapie die Lebermetastasen möglicherweise doch noch chirurgisch – in kurativer Intention – entfernt werden können (3, 4). Unlängst berichteten französische Autoren, die viel Erfahrung mit diesem Vorgehen sammeln konnten, über eine relevante Verschlechterung der durch Oxaliplatin bedingten sensorischen peripheren Neuropathie unmittelbar nach größeren Operationen (im wesentlichen Lebermetastasen-Chirurgie; 5).

Oxaliplatin wird zu einem großen Teil in das Zytosol der Erythrozyten aufgenommen, wo es proteingebunden Wochen bis Monate lang verbleibt. Die Autoren untersuchten prospektiv 12 konsekutive Patienten, die nach Oxaliplatin-basierter Chemotherapie operiert wurden. Bei 7 Patienten verschlechterte sich die Neuropathie, bei 5 Patienten nicht. Die mediane kumulative Oxaliplatindosis vor Operation lag in der Gruppe mit Verschlechterung der Neuropathie bei 740 mg/m² (600-1040 mg/m²) und in der Gruppe ohne Veränderung bei 605 mg/m² (400-780 mg/m²). Bei einem Großteil der operierten Patienten wird – infolge einer intra- bzw. postoperativen moderaten Hämolyse – Oxaliplatin ins Blutplasma freigesetzt. In der Gruppe mit Verschlechterung der Neuropathie stieg postoperativ das unkonjugierte Bilirubin im Mittel um 64%, in der Vergleichsgruppe nur um 45% an. Die Autoren schließen aus ihrer Beobachtung, daß die Verschlechterung einer vorbestehenden sensorischen Polyneuropathie unmittelbar nach einer größeren Operation durch perioperative Hämolyse und Freisetzung von Oxaliplatin bedingt ist.

Fazit: Eine sensorische periphere Polyneuropathie ist die dosislimitierende UAW des Zytostatikums Oxaliplatin. Nach größeren Operationen kann es – vermutlich durch Hämolyse und damit Freisetzung von Oxaliplatin aus den Erythrozyten – zu einer Verschlechterung dieser Neuropathie kommen.

Literatur

  1. Raymond, E., et al.: Ann. Oncol. 1998, 9, 1053.
  2. De Gramont, A., et al.: J. Clin. Oncol. 2000, 18, 2938.
  3. Bismuth, H., et al.: Ann. Surgery 1996, 224, 509.
  4. Giacchetti, S., et al.: Ann. Oncol. 1999, 10, 663.
  5. Gornet, J.M., et al.: Ann. Oncol. 2002, 13, 1315.