Artikel herunterladen

Günstige kardiovaskuläre Wirkungen von Tee?

Grüner oder schwarzer Tee, die Aufbrühung der Blätter von Camelia Sinensis, ist neben Wasser das häufigste Getränk weltweit. Auch geringe medizinische Effekte hätten daher möglicherweise eine große Bedeutung. Seit längerem werden günstige kardiovaskuläre Wirkungen durch den Konsum von Tee vermutet, da unter den mehr als 1000 chemischen Substanzen im Tee die polyphenolischen Flavonoide dominieren. Experimentell wurden antioxidative, cholesterinsenkende und auch blutdrucksenkende Wirkungen dieser Flavonoide gefunden. Zwei unlängst publizierte Studien haben nun die Wirkungen von Tee bzw. Tee-Extrakt beim Menschen genauer untersucht.

Der Effekt des Konsums von Tee auf die Entwicklung eines Bluthochdrucks wurde von Y. Yang et al. bei 1500 Probanden aus Taiwan untersucht (1). Ausgeschlossen waren Teilnehmer mit bereits behandeltem Bluthochdruck, um Verzerrungen durch bereits eingeleitete Änderungen des Lebensstils zu vermeiden. Primärer Endpunkt war die Häufigkeit eines neu diagnostizierten Hypertonus. Insgesamt 878 der Studienteilnehmer wurden nach einer ausführlichen Erhebung als Nicht-Tee-Trinker (< 120 ml/d), 436 als Teetrinker mit mittlerem Konsum (120-599 ml/d) und 193 als Teetrinker mit starkem Konsum (> 600 ml/d) definiert. Nach der Tradition in Taiwan handelte es sich hierbei vorwiegend um grünen oder semi-fermentierten Tee (sog. Oolong Tee). Gegenüber den Nicht-Teetrinkern waren die Teetrinker etwas jünger, hatten ein höheres Gewicht, stärkeren Nikotinabusus und eine salzreichere Nahrung. Dennoch fanden sich bei Teetrinkern niedrigere Blutdruckwerte (-2 mm Hg) und eine geringere Rate neu diagnostizierten Bluthochdrucks (> 140/90 mm Hg): 12,8% bei Nicht-Teetrinkern, aber nur 8,4% bzw. 7,1% bei moderaten bzw. starken Teetrinkern. In der multivariaten Analyse ergab sich nach Adjustierung für die anderen Risikofaktoren eine signifikant niedrigere Odds ratio für die Entwicklung eines Bluthochdrucks von 0,54 bzw. 0,35. In der Diskussion führen die Autoren verschiedene Substanzen an, die den antihypertensiven Effekt des Tees bewirken könnten. Es wird eine randomisierte Studie zur Absicherung der Resultate empfohlen.

Ein randomisiertes, kontrolliertes Studiendesign wurde in der zweiten Teestudie gewählt. D.J. Maron et al. aus Shanghai und Nashville untersuchten die cholesterinsenkenden Eigenschaften eines Extraktes der Blätter von grünem Tee an 240 chinesischen Probanden (55 Jahre, 58% männlich) mit Hypercholesterinämie (2). Doppeltblind erhielten 120 Patienten der Verum-Gruppe 12 Wochen lang einmal täglich eine Kapsel mit einem Flavonoid-angereicherten Grüntee-Extrakt (375 mg) und 120 Patienten Plazebo. Die Ausgangsdaten beider Gruppen waren gleich. Der mittlere Gesamtcholesterin- bzw. LDL-Cholesterin-Wert betrug 244 mg/dl bzw. 159 mg/dl in der Verum-Gruppe und 239 mg/dl bzw. 155mg/dl in der Kontroll-Gruppe. Die Mehrzahl der Teilnehmer ernährte sich fettarm. Die Daten von 220 Probanden konnten komplett ausgewertet werden. In der Verum-Gruppe fand sich nach 12 Wochen eine Senkung des Gesamtcholesterins um 11,3% ± 0,9% sowie des LDL-Cholesterins um 16,4% ± 1,1% (jeweils p < 0,01). In der Kontroll-Gruppe zeigten sich keine relevanten Veränderungen. HDL-Cholesterin und Triglyzeride blieben in beiden Gruppen unverändert. In der Diskussion vergleichen die Autoren die erzielte Cholesterinsenkung mit Daten aus Studien mit Lipidsenkern und berechnen daraus eine potenzielle Senkung des kardiovaskulären Risikos um 16-24%. Zu beachten ist allerdings, daß in der Studie ein mit Flavonoiden stark angereicherter Extrakt untersucht wurde. Daher können keine genauen Angaben darüber gemacht werden, mit welcher Menge Grüntee ein vergleichbarer Effekt zu erzielen wäre. Viele Mechanismen sind für die gezeigten Wirkungen möglich. In tierexperimentellen Arbeiten konnte sogar unlängst ein direkter antiarteriosklerotischer Effekt von Grüntee-Katechinen gezeigt werden (3).

Fazit: Tee (grüner vermutlich mehr als schwarzer Tee) hat möglicherweise gesundheitsfördernde Wirkungen. Bis zu einer genaueren Evaluierung (z.B. von Teekonzentraten) bleibt derzeit zu empfehlen: Abwarten und Tee trinken!

Literatur

  1. Yang, et al.: Arch. Intern. Med. 2004, 164, 1534.
  2. Maron, D.J., et al.: Arch. Intern. Med. 2003, 163, 1448.
  3. Chyu, K.-Y., et al.: Circulation 2004, 109, 2448.