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Leserbrief: Quecksilber in lmpfstoffen

Fragen von Dr. W. R. aus Hagen: >> Gibt es Normen, Grenzwerte und allgemeine Erfahrungen zur Belastung von lmpfstoffen mit Quecksilber? Bei welchen Firmen kann ich gezielter nachfragen? << Antwort: >> Als Konservierungsmittel sind traditionell in Totimpfstoffen (Diphtherietoxoid, Tetanustoxoid, Pertussis, Haemophilus influenzae b und bisweilen auch Hepatitis B) Hg-haltige organische Substanzen (Merthiolat, Thiomersal, Natriumtimerfonat) in niedriger Konzentration enthalten. Sie haben die Funktion, eine Kontamination mit Krankheitserregern, insbesondere in Mehrfachentnahmeampullen, zu verhindern. Lebendimpfstoffe sind frei von derartigen Konservierungsmitteln (1).

In allen Bereichen der Industrie (Nahrungsmittel, Arzneimittel, Impfstoffe) laufen zur Zeit Bemühungen zur Reduktion und – wenn möglich – vollständigen Eliminierung aller quecksilberhaltigen Hilfsstoffe. Sie haben im Juli 1999 in den USA zu ersten offiziellen Stellungnahmen, z.B. der US Public Health Service (USPHS) und der American Academy of Pediatrics (AAP), geführt. Wenn auch die Hg-Konzentrationen in Impfstoffen weit unterhalb der neurotoxischen und nephrotoxischen Dosis liegen, sei die mögliche Gefährdung durch diese niedrige Hg-Belastung unbekannt (2). Es wurden erstmals nahezu exakte Mengen einer Hg-Belastung eines Kindes durch ein übliches lmpfschema mit 167,5 bis 187,5 µg ermittelt (2). Diese Werte sind besonders vor dem Hintergrund der Empfehlungen einiger Organisationen wie WHO, US Environmental Protection Agency (EPA), US Agency for Toxic Substances and Disease Registry, US Food and Drug Administration (FDA) interessant. Die empfohlenen Mindestkonzentrationen einer Methyl-Hg-Belastung reichen von 0,7 µg/kg Körpergewicht pro Woche (EPA) bis zu 3,3 µg/kg Körpergewicht pro Woche (WHO) und beinhalten einen zehnfachen Sicherheitsrahmen (3). Für die ersten Lebensmonate, in denen das übliche lmpfschema läuft, ergibt sich hieraus eine tolerable Hg-Belastungsgrenze von etwa 200 µg.

Zu Typ-IV-Allergien gegen organische Hg-Verbindungen gibt es dermatologische Erfahrungen; nicht selten sind sie in Externa für Ekzempatienten enthalten. Hautreaktionen vom Spättyp nach thiomersalhaltigen lmpfstoffen sind selten. Der Nachweis einer entsprechenden Allergie sollte sowohl mit dem Intrakutan- als auch mit dem Epikutan/Patch-Test erfolgen (4). Trotz einer bekannten Allergie gegenüber Hg-Verbindungen sind aber Hg-haltige Impfstoffe prinzipiell erlaubt; sie sollen jedoch stets tief i.m. injiziert werden (5).

Die völlige Eliminierung Hg-haltiger Konservierungsmittel aus lmpfstoffen ist nicht leicht, insbesondere wenn Thiomersal nicht dem fertigen Impfstoff zugesetzt wird, sondern in das Herstellungsverfahren integriert ist. Auf keinen Fall darf der Impfstoff mit Keimen kontaminiert werden. Dies muß durch moderne Produktionsverfahren, aber auch durch Einzeldosen und Fertigspritzen erreicht werden (6). Einige Impfstoffe (Hepatitis B-, Haemophilus influenzae Typ b-, Diphtherie-Tetanus-azellulärer Pertussis-, FSME-, Tollwut-Impfstoff und auch eine Influenza-Spaltvakzine) werden bereits ohne Hg-haltige Konservierungsmittel angeboten. In Deutschland sind sie teilweise noch nicht zugelassen. Herstellerfirmen sind z. B. Merck & Co. Inc., West Pomt, Pennsylvania, und SmithKline Beecham Biologicals, Philadelphia, Pennsylvania (7) sowie Chiron Behring GmbH & Co. (6). Besonders bei der Impfung von Neugeborenen und Säuglingen bis zum 6. Lebensmonat sowie von Schwangeren (sensible Phase der Gehirnentwicklung in der Prä- und frühen Postnatalphase) sollte auf quecksilberhaltige Konservierungsmittel verzichtet werden.

Die europäische Zulassungsbehörde EMEA (8) hat dazu aufgerufen, Quecksilber als Konservierungsmittel sukzessive aus allen Impfstoffen zu entfernen. Die Fachinformationen zu lmpfstoffen, bei denen Thiomersal im Herstellungsverfahren verwendet wird, müssen nach den aktuellen Bestimmungen der EMEA einen entsprechenden Passus enthalten. In Dänemark, Irland, Schweden und den Niederlanden sind die Impfstoffe für die ersten beiden Lebensjahre bereits frei von Quecksilber.

Für weitere Informationen kann Kontakt mit Frau Dr. Brigitte Wolter aufgenommen werden: Chiron Behring GmbH & Co., Marburg, Telefon (069) 30 03 87 33; Fax (069) 30 03 87 52; E-Mail: wolter@chiron-behring.com; Internet: www.chiron-behring.de.<< Literatur

1. lmpfreaktionen – Bewertung und Differentialdiagnose. Hrsg.: Quast, U., et al., Hippokrates Verlag, Stuttgart 1997.
2. Clements, C.J., et al.: Lancet 2000, 355, 1279.
3. WHO. Note to the press No. 18, 9. Juli 1999. Genf, Schweiz.
4. Lindemayr, H., et al.: Der Hautarzt 1984, 35, 192.
5. Aberer, W., et al.: Allergologie 1997, 20, 407.
6. Kondler-Budde, R.: Immunologie & Impfen 1999, 2, 175.
7. CDC MMWR-Weekly, 1999, 48, 996.
8. EMEA. Public statement on thiomersal containing medical products. London, 8. Juli 1999. Doc. Ref.: EMEA/20962/99.