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Neue Therapieoption für Patienten mit chronischer Hepatitis C Genotyp 4

Wir haben mehrfach und kürzlich auch in einer Übersichtsarbeit über neue Wirkstoffe zur Behandlung der chronischen Hepatitis C berichtet (1). Die therapeutischen Fortschritte bezogen sich dabei vor allem auf den HCV-Genotyp 1, der in Deutschland und Nordamerika dominiert. Der HCV-Genotyp 4 ist in einigen Ländern Europas mit 14-20% vertreten (2). Weltweit macht er ca. 13% aller HCV-Infektionen aus. In Ländern des Mittleren Ostens und in Nordafrika ist er sogar mit 90% der dominierende Genotyp (2). Patienten mit Hepatitis C Genotyp 4 sprechen unzureichend auf Interferon enthaltende Kombinationstherapien an. Zu den neuen, direkt antiviral wirkenden Substanzen lagen bisher keine größeren Studien vor. Aus einigen Studien gibt es Hinweise, dass der Nukleotid-Polymerase-Inhibitor Sofosbuvir und der Protease-Inhibitor Simeprevir auch bei diesem Genotyp wirksam sein könnten (1). Behandlungsrichtlinien empfehlen aber wegen fehlender klinischer Studien, die neuen Wirkstoffe bei Behandlung von Patienten mit diesem Genotyp nur in der Kombination mit Interferon alfa und Ribavirin einzusetzen. Nun wurde eine Studie zur Interferon-freien Behandlung von Patienten mit chronischer Hepatitis C Genotyp 4 publiziert (3).

In diese offene, randomisierte Phase-IIb-Studie (PEARL-I), wurden 18-70 Jahre alte Patienten mit chronischer HCV-Genotyp 4-Infektion ohne Leberzirrhose und HCV-RNS-Konzentrationen > 10.000 IU/ml aus Frankreich, Polen, Ungarn, Rumänien, Spanien, Türkei und USA eingeschlossen. Gruppe 1 wurde mit folgenden direkt wirksamen antiviralen Substanzen 12 Wochen lang behandelt: Ombitasvir (ABT-267; 25 mg/d), ein NS5A-Inhibitor, plus Paritaprevir (150 mg/d), ein potenter NS3/4A-Protease-Inhibitor, der mit niedrig dosiertem Ritonavir (100 mg/d) geboostert wurde. Gruppe 2 erhielt die gleiche Therapie, jedoch zusätzlich Ribavirin, wie üblich gewichtsadaptiert zweimal täglich. Vorbehandelte Patienten wurden in die Gruppe 2 eingeschlossen. Primärer Endpunkt war die anhaltende Viruselimination (SVR) 12 Wochen nach Ende der Behandlung.

Zwischen August 2012 und November 2013 konnten 135 Patienten randomisiert werden. 86 Patienten waren nicht vorbehandelt. Von diesen wurden 44 in Gruppe 1 und 42 in Gruppe 2 randomisiert. Die 49 vorbehandelten Patienten (mit Peginterferon plus Ribavirin) erhielten alle die Therapie der Gruppe 2 (mit Ribavirin).

Von den nicht vorbehandelten Patienten der Gruppe 1 hatten 90,9% (40 von 44 Patienten; 95%-Konfidenzintervall = CI: 78,3-97,5%) eine SVR 12 Wochen nach Ende der Therapie; von den nicht vorbehandelten Patienten der Gruppe 2 (plus Ribavirin) waren es 100% (42 von 42 Patienten; CI: 91,6-100%). Der Unterschied war statistisch nicht signifikant. Alle vorbehandelten 49 Patienten hatten eine SVR 12 Wochen nach Therapie. Die häufigste und bedeutsamste Nebenwirkung war Anämie: bei ca. 25% der nicht vorbehandelten und bei 33% der vorbehandelten Patienten. Auffallend war, dass sich Anämien in den Gruppen mit und ohne Ribavirin gleich häufig entwickelten. Eine weitere häufige Nebenwirkung war Kopfschmerz. Seltener wurde über Übelkeit oder Durchfall berichtet. Bei keinem der Patienten musste die Therapie wegen Nebenwirkungen abgebrochen werden.

Fazit: Die erste größere klinische Studie zur Therapie von Patienten mit chronischer Hepatitis C Genotyp 4 hat gezeigt, dass mit einer ausschließlich oralen 12-wöchigen Kombinationstherapie, bestehend aus Ombitasvir plus Paritaprevir (geboostert mit Ritonavir) mit oder ohne Ribavirin, sehr hohe Ansprechraten zu erreichen sind. Anämie und Kopfschmerzen waren die häufigsten Nebenwirkungen, doch musste bei keinem Patienten die Studientherapie deswegen abgebrochen werden.

Literatur

  1. AMB 2014, 48,25. Link zur Quelle
  2. Gower, E., et al.: J. Hepatol. 2014, 61Suppl. 1, S45. Link zur Quelle
  3. Hézode, C., et al.(PEARL-I): Lancet 2015, 385, 2502. Link zur Quelle