Ein Teil der Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen spricht nicht oder nicht gut auf die Standardtherapie an. Die bisherigen Strategien zielen ab auf Immunsuppression oder Immunmodulation. Wegen der erheblichen Nebenwirkungen hochdosierter Steroide wird nach einer Stoßtherapie bei einem Schub der Erkrankung ein Ausschleichen angestrebt. Gelingt dies, spricht man von steroidfreier Remission. Man nimmt an, dass in der Pathogenese der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen neben immunologischen Fehlregulationen auch die intestinalen Mikrobiota eine große Rolle spielen (1). In einer aktuellen Studie gingen die Autoren der Frage nach, ob mit mehreren Stuhltransplantationen von verschiedenen Spendern ein aktiver Schub einer Colitis ulcerosa zu bessern ist und eine steroidfreie Remission erzielt werden kann (2).
Die Studie war multizentrisch, doppelblind, randomisiert und plazebokontrolliert. Sie wurde an drei Krankenhäusern in Australien durchgeführt. Die Patienten wurden sorgfältig ausgewählt. Sie mussten unter anderem frei von schwerwiegenden Begleiterkrankungen sein, durften aktuell keine Infektion haben, operative Eingriffe am Darm mussten länger als sechs Monate zurückliegen und Frauen durften nicht schwanger sein. Folgende Wirkstoffe waren erlaubt unter der Bedingung, dass sie während der Studie nicht verändert wurden: orale 5-Aminosalicylate, Thiopurine und Methotrexat. Prednisolon musste langsam ausgeschlichen werden, so dass nach acht Wochen die Medikation mit dem Glukokortikosteroid beendet war. Rektale Einläufe waren nicht erlaubt. Antibiotika oder Probiotika bis vier Wochen vor Studienbeginn und während der Studie waren ein Ausschlusskriterium.
Patienten mit akutem Schub der Colitis ulcerosa (Mayo-Score 4-10) wurden 1:1 nach einer vorher festgelegten Randomisierung aufgeteilt. Die Patienten erhielten während einer Koloskopie die Stuhltransplantation oder Plazebo. In der Folge wurden an 5 Tagen der Woche Einläufe durchgeführt mit fäkalen Mikrobiota oder Plazebo für einen Zeitraum von 8 Wochen. Die fäkalen Mikrobiota wurden von 3-7 nicht verwandten Spendern zubereitet. Der Stuhl (37,5 g) wurde mit 150 ml isotoner NaCl-Lösung verdünnt und filtriert. Die Filtrate wurden im Krankenhaus bei -80°C für die Applikation bei der Koloskopie gelagert und bei -20°C im Gefrierschrank bei den Patienten für die Einläufe zu Hause. Die Plazebo-Lösung wurde genauso behandelt und mit braunem Lebensmittel-Farbstoff und mit Glycerol-Cryoprotectat (10%) so behandelt, dass sie vom Verum nicht zu unterscheiden war. Patienten und Ärzte wussten nicht, ob es sich um Plazebo oder Verum handelt. Nach acht Wochen wurde erneut eine Koloskopie durchgeführt, und zwar so tief, um zumindest die am stärksten betroffenen Schleimhautareale erneut beurteilen zu können.
Der primäre Endpunkt der Studie war eine steroidfreie Remission mit endoskopischem oder klinischem Ansprechen (Mayo Score ≤ 2 und ≥ 1 Punktreduktion im endoskopischen Score) in Woche 8. Molekularbiologische Stuhlanalysen wurden durchgeführt, um Veränderungen bei den Stuhl-Mikrobiota zu erfassen.
Ergebnisse: Von November 2013 bis Mai 2015 erhielten 42 Patienten Stuhltransplantationen und 43 Plazebo. Ein Patient im Verum- und drei im Plazebo-Arm bekamen nicht die Studienmedikation und wurden ausgeschlossen. Der primäre Endpunkt wurde bei 11 von 41 in der Stuhltransplantation- und bei 3 von 40 in der Plazebo-Gruppe erreicht (Risk ratio: 3,6; 95%-Konfidenzintervall: 1,1–11,9; p = 0,021). Nebenwirkungen wurden bei 32 von 41 in der Stuhltransplantation- und bei 33 von 40 in der Plazebo-Gruppe berichtet. Die Symptome betrafen den Gastrointestinaltrakt, waren reversibel und unterschieden sich nicht in den beiden Gruppen. Die Vielfalt der Mikrobiota vergrößerte sich bei Patienten in der Gruppe mit Stuhltransplantation. Einige Bakterienarten waren mit dem klinischen Ansprechen korreliert. Die Anwesenheit von Fusobakterien war mit dem Nicht-Erreichen einer Remission korreliert.
Fazit: Die Stuhltransplantation ist ein neuer Ansatz, akute Schübe bei Colitis ulcerosa zu behandeln und offenbar ist dies bei einem Teil der Patienten auch wirksam. Bestimmte Bakterienarten scheinen dabei unterschiedliche Rollen in protektiver und in pathogener Hinsicht zu spielen und müssten genauer definiert werden. Derzeit ist über die komplexen Zusammenhänge der Mikrobiota insgesamt noch zu wenig bekannt.
Literatur
- Kostic, A.D., et al.:Gastroenterology 2014, 146, 1489. Link zur Quelle
- Paramsothy, S., etal.: Lancet 2017. Link zur Quelle