Während über die Indikation einer thrombolytischen Therapie bei schweren Lungenarterienembolien mit hämodynamischen Auswirkungen (Schweregrad III-IV nach Grosser) weitgehend Einigkeit besteht, wird die Lysetherapie bei weniger bedrohlichen Embolien kontrovers diskutiert. Es existieren Untersuchungen, wonach durch eine Thrombolysetherapie der Thrombus in der Lungenarterie rascher aufgelöst wird und der Druck im kleinen Kreislauf schneller absinkt. Es fehlt jedoch der Nachweis, daß hieraus generell eine bessere Prognose resultiert. Ohne einen solchen Nachweis ist das Risiko eines hämorrhagischen Hirninsultes (immerhin 1-3%) und anderer Blutungskomplikationen (bis zu 10%) nicht zu rechtfertigen.
Über 200 Kliniken in Deutschland stellten über einen Zeitraum von 15 Monaten die Daten ihrer Patienten mit Lungenarterienembohe einem Zentralregister (MAPPET = Management And Prognosis of Pulmonary Embolism regisTry) zur Verfügung. Die so gewonnenen Daten von 1000 Patienten wurden nun publiziert (Konstantinides, S., et al.: Circulation 1997, 96, 882). Die Autoren gingen der Frage nach, ob eine thrombolytische Behandlung innerhalb von 24 Stunden nach Beginn der Symptome auch bei hämodynamisch stabilen Patienten sicher ist bzw. die Krankenhaussterblichkeit sowie die Rezidivquote senkt.
Hierzu wurden retrospektiv die klinischen Verläufe von 719 Patienten aus dem MAPPET-Register in Abhängigkeit von der gewählten Behandlungsstrategie ausgewertet. Von diesen nicht Katecholamin-pflichtigen Patienten sind 23,5% primär mit Thrombolytika und 76,5% primär mit Heparin i.v. PTT-kontrolliert behandelt worden. Die Patienten in den beiden Gruppen unterschieden sich signifikant in ihren klinischen Charakteristika: die mit Heparin Behandelten waren älter und häufiger herz- oder lungenkrank. Genau diese Patienten waren jedoch besonders gefährdet. Während die Krankenhaussterblichkeit insgesamt bei 9,6% lag, starben 11,6% der Patienten über 65 Jahre, 13,9% bei vorbestehender Herzinsuffizienz und sogar 17,1% bei vorbestehenden Lungenerkrankungen.
Entsprechend dieser ungleichen Voraussetzungen starben primär antikoagulierte Patienten signifikant häufiger an ihrer hämodynamisch stabilen Lungenembolie als die primär thrombolysierten Patienten (11% vs. 4,7%). Außerdem wurden mehr Rezidivembolien gezählt (18,7% vs. 7,7%). Blutungskomplikationen traten nach Thrombolyse deutlich häufiger als nach Heparin auf (21,9% vs. 7,8%, davon Hirnblutungen 1,2% vs. 0,4%).
In einer multiplen logistischen Regressionsanalyse errechnen die Autoren schließlich einen signifikanten Vorteil der Thrombolyse (RR: 0,46; 95%-Konfidenzintervall: 0,2-1,0) auch unabhängig von den genannten unterschiedlichen Grundrisiken. Sie folgern, daß eine frühe Thrombolyse vielleicht den klinischen Verlauf von Patienten mit hämodynamisch stabiler Lungenembolie positiv beeinflussen kann. Vielleicht! Damit ist der Leser dieser Arbeit leider nicht klüger als zuvor, sondern eher verwirrter. Die Veröffentlichung solcher nicht randomisierter Daten wäre sinnvoll, gäbe es nicht methodologisch bessere Untersuchungen. Es liegen vergleichende und randomisierte Studien vor, wenngleich mit unbefriedigend geringen Patientenzahlen; die älteste (UPET = Urokinase Pulmonary Embolism Trial: Circulation 1973, 47 Suppl. II,II-1) ist zugleich die größte mit 160 Patienten. Diese Studien konnten keinen Nutzen der Thrombolysebehandlung bei hämodynamisch stabilen Patienten nachweisen.
Fazit: Die Untersuchung von MAPPET gibt keinen Grund von der gängigen Praxis abzuweichen, hämodynamisch stabile Patienten mit Lungenarterienembohe „nur“ mit Antikoagulanzien zu behandeln. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand nutzt die Thrombolysebehandlung bei dieser Indikation nur der Industrie.