Es ist – nicht nur hierzulande – für viele Kollegen häufig ein Schock, mit Einzelheiten ihrer Arzneiverordnung konfrontiert zu werden. Die Empörung schlägt jedoch oft in die Forderung nach besserer, unabhängiger Arzneimittel-Information um. Der Mehrheit der deutschen Kassenärzte blieb ein solches Aha-Erlebnis bislang erspart. Der Grund ist kaum zu glauben: mehrere Apotheken-Rechenzentren waren trotz hochkarätiger Unterstützung nicht in der Lage, für die vergangenen zwei Jahre Arzt-bezogene Verordnungsdaten, sowohl über die Kosten als auch zu der Art der Arzneimittel, zu erstellen. Das ist der Grund für die „KolIektivhaftung“ aller Kollegen bei der Arzneibudget-Überschreitung 1995/96. Das soll nun endlich anders werden. Anfang des Jahres stellte der AOK-Bundesverband ein von seinem Wissenschaftlichen Institut (WIdO) erarbeitetes Software-System (pharm*pro) vor: „AOK hilft Ärzten bei rationaler Arzneitherapie“. Sechs bis acht Wochen nach Quartalsablauf sollen dem Vertragsarzt über seine KV z.B folgende Angaben über seine Verordnungen zur Verfügung stehen: durchschnittliche Kosten pro Patient im Vergleich zum Fachgruppendurchschnitt, Alters- und Geschlechtsverteilung der Verordnungen, Auswertungen zu umstrittenen Arzneimittelgruppen, kostenintensiven Arzneistoffen und Alternativen sowie Einsparmöglichkeiten im Festbetragsmarkt. „Beratung vor Regreß“ kündigte der AOK-Chef an. In der Presseinformation heißt es: „Ab Januar 1997 werden die über 100 AOK-Beratungsapotheker die Arzneiberatungssoftware „pharm*pro“ bundesweit bei ihren Praxisanalysen einsetzen und die niedergelassenen Ärzte damit individuell in Fragen der Arzneimittelverschreibung beraten.“ Hoffentlich erinnern sich auch die Kassenärztlichen Vereinigungen noch der Ziffer 12 der derzeit gültigen Arzneimittel-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen: „Die Kassenärztlichen Vereinigungen beraten die Kassenärzte hinsichtlich einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßigen, ausreichenden und wirtschaftlichen Arzneiverordnung“ und versichern sich dazu des notwendigen, hauptamtlichen Sachverstands wirklich unabhängiger Experten. Die Leser des ARZNEIMITTELBRIEFS, der sich einer rationalen Pharmakotherapie verschrieben hat, können den Erhebungen der „pharm*pro“ gelassen entgegensehen.