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Immunsuppressive Therapie mit Ciclosporin A ± Antithymozytenglobulin bei Patienten mit nicht-schwerer aplastischer Anämie

Die aplastische Anämie (AA) ist eine seltene Erkrankung (Inzidenz: etwa 3-6 Neuerkrankungen jährlich/106 Einwohner), deren Prognose im wesentlichen von der Zahl der Blutzellen bei Diagnose bestimmt wird. Während in den vergangenen 10 Jahren bei Patienten mit schwerer AA in multizentrischen klinischen Studien die Grundlagen für eine differenzierte Indikation der verfügbaren Therapiestrategien (allogene Stammzelltransplantation; immunsuppressive Therapie mit Antithymozyten-/Antilymphozytenglobulin = ATG/ALG bzw. Ciclosporin A = CSA; anabole Steroide) erarbeitet wurden, fehlten bisher randomisierte Studien zum therapeutischen Vorgehen bei Patienten mit nicht-schwerer AA. Ausgehend von der deutlichen Verbesserung der Therapieergebnisse, die bei Patienten mit schwerer AA durch eine immunsuppressive Therapie (mit ATG/ALG ± CSA) im Vergleich zur ausschließlich supportiven Therapie (Transfusion von Blutkomponenten, Prävention bzw. konsequente Behandlung von Infektionen) erreicht werden konnte, wurde in einer 1993 begonnenen Studie der ”European Blood and Marrow Transplant (EBMT) Severe Aplastic Anemia Working Party” untersucht, ob durch eine Kombination von ATG mit CSA im Vergleich zu einer alleinigen Gabe von CSA bei Patienten mit nicht-schwerer AA (Definition: Neutrophile ≥ 0,5 > 109/l und Transfusionsbedarf) das hämatologische Ansprechen verbessert werden kann (Marsh, J., et al.: Blood 1999, 93, 2191). Ein komplettes Ansprechen (Neutrophile > 2,0 x 109/l, Thrombozyten > 100 x 109/l, kein Transfusionsbedarf) oder partielles Ansprechen (Neutrophile > 1,0 x 109/l, Thrombozyten > 30 x 109/l, kein Transfusionsbedarf) wurden als hämatologisches Ansprechen gewertet und waren einziger Endpunkt der Studie. Insgesamt wurden 115 Patienten randomisiert und 61 mit CSA bzw. 54 mit CSA + ATG behandelt. CSA wurde von Tag 1 bis 180 verabreicht, wobei die Dosis an CSA-, Kreatinin-, Harnstoff- und Bilirubinkonzentrationen im Blut angepaßt wurde. ATG des Pferdes wurde über 5 Tage als i.v. Infusion und parallel Prednison zur Prävention einer Serumkrankheit gegeben. Ansprechraten, hämatologische Parameter nach 6 Monaten und Zahl der Patienten, die eine weitere immunsuppressive Therapie benötigten, sind in Tab. 1 zusamengefaßt. Im Gegensatz zur Ansprechrate ergaben sich keine signifikanten Unterschiede im Gesamtüberleben zwischen den beiden Behandlungsgruppen (CSA: 93%, ATG + CSA: 91%), wobei jedoch nach 6 Monaten 90% der mit ATG + CSA und nur 67% der mit CSA behandelten Patienten erkrankungsfrei waren und keine Transfusionen benötigten.

Fazit: Patienten mit nicht-schwerer aplastischer Anämie, die Transfusionen benötigen, profitieren hinsichtlich des hämatologischen Ansprechens von einer kombinierten immunsuppressiven Therapie mit Antithymozytenglobulin plus Ciclosporin A. Das rezidivfreie Überleben, nicht jedoch das Gesamtüberleben wurde durch Antithymozytenglobulin plus Ciclosporin A im Vergleich zur Monotherapie mit Ciclosporin A günstig beeinflußt. Zur Beantwortung weiterer wichtiger Fragen im Zusammenhang mit der Behandlung der aplastischen Anämie (z.B. Auftreten klonaler Erkrankungen, Rezidivrate nach immunsuppressiver Therapie, Häufigkeit von HLA-Alloimmunisierung und transfusionsbedingter Hämosiderose) müssen die in dieser Studie behandelten Patienten über einen längeren Zeitraum beobachtet werden.

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