Gemcitabin (Gemzar), ein Pyrimidin-Analogon, ist derzeit für die Behandlung des fortgeschrittenen Pankreaskarzinoms zugelassen (vgl. AMB 1996, 30, 69 und 1988, 32, 47); auch bei anderen soliden Tumoren (z.B. Bronchial-, Mamma- und Ovarialkarzinom) hat es in Phase-I/II-Studien eine Wirksamkeit gezeigt. In den Richtlinien der American Society of Clinical Oncology (ASCO; vgl. AMB 1997, 31, 94a) zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC wurde empfohlen, die Wirksamkeit dieses Antimetaboliten in Kombination mit Cisplatin in randomisierten Studien mit etablierten Schemata zu vergleichen. Die erste derartige randomisierte Studie wurde jetzt von spanischen Autoren publiziert (Cardenal, F., et al.: J. Clin. Oncol. 1999, 17, 12). Insgesamt 135 Patienten (93% Männer; medianes Alter 59 Jahre) mit fortgeschrittenem NSCLC (Stadium IIIB oder IV) wurden nach Randomisierung entweder mit 1250 mg/m2 Gemcitabin i.v. (Tag 1 und 8) oder mit 100 mg/m2 Etoposid i.v. (Tag 1 bis 3; Vepesid, Etomedac) behandelt. Beide Gruppen erhielten zusätzlich 100 mg/m2 Cisplatin i.v. (Tag 1). Alle Substanzen wurden als Kurzinfusion verabreicht und das Therapieschema am Tag 22 wiederholt. 43% der mit Gemcitabin und 26% der mit Etoposid behandelten Patienten erhielten 6 Zyklen dieser Polychemotherapie; die mediane Zahl der verabreichten Zyklen betrug bei Gemcitabin plus Cisplatin (GC) 5 und bei Etoposid plus Cisplatin (EC) 4. Primärer Endpunkt der Studie war die Ansprechrate, sekundäre Endpunkte waren Toxizität, ”Lebensqualität“, Zeit bis zum Progreß der Erkrankung und Überleben. Die Ansprechraten (40,6% der mit GC bzw. 21,9% der mit EC behandelten Patienten zeigten ein partielles, keiner ein komplettes Ansprechen) und die Zeit bis zum Progreß der Erkrankung (GC: 6,9 Monate versus EC: 4,3 Monate) unterschieden sich signifikant (p-Werte: 0,02 bzw. 0,01). Demgegenüber ergab die Analyse des Gesamtüberlebens keinen signifikanten Unterschied (GC: im Median 8,7 Monate versus EC: 7,2 Monate), wobei allerdings berücksichtigt werden muß, daß die Überlebenszeit kein primärer Endpunkt dieser Studie war; auch war die Zahl der Patienten zu klein, um einen statistisch aussagekräftigen Unterschied im Überleben aufzuzeigen. Myelosuppression, Übelkeit und Erbrechen sowie Alopezie waren die häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen. Übelkeit bzw. Erbrechen traten häufiger bei den mit Gemcitabin, Alopezie häufiger bei den mit Etoposid behandelten Patienten auf. Die Auswertung von Fragebögen zur ”Lebensqualität“ ergab in beiden Behandlungsgruppen keine Beeinträchtigung verschiedener Parameter (z.B. körperliche Aktivität; kognitive, emotionale, soziale Funktionen) durch die Polychemotherapie. Unter der Chemotherapie besserten sich signifikant Schlaflosigkeit, Husten, Hämoptysen, Brust- und Schulterschmerzen, nicht jedoch Dyspnoe und Müdigkeit.
Fazit: Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC profitieren hinsichtlich Ansprechrate und Verlängerung der Zeit bis zum Progreß der Erkrankung von einer Polychemotherapie mit Gemcitabin plus Cisplatin im Vergleich zu Etoposid plus Cisplatin. Die sehr ungünstige Prognose beim fortgeschrittenen NSCLC wird jedoch auch durch diese Kombinations-Chemotherapie nicht wesentlich verbessert. Weitere randomisierte Studien mit größeren Patientenzahlen sind erforderlich, um die Frage zu beantworten, ob die Kombination Gemcitabin plus Cisplatin auch zu einer Verlängerung der Überlebenszeit führt. Diese Studien sollten jedoch zum Vergleich die heute als Standard geltenden Cisplatin-enthaltenden Kombinationen (vgl. AMB 1997, 31, 94a) mit z.B. Paclitaxel oder Vinorelbin oder Vinblastin, und nicht – wie in dieser Studie – Etoposid enthalten.