Prof. Dr. C.L. aus Ulm schreibt: << Im AMB 1998, 32, 93 berichten Sie über die HERS-Studie (JAMA 1998, 280, 605). Leider bringt diese Studie keine zuverlässige Auskunft über die Langzeitergebnisse einer Sekundärprävention. Dafür hat die Studie mit 4,1 Jahren eine viel zu kurze Laufzeit. Aus anderen Studien wissen wir, daß statistisch signifikante Ergebnisse eine Sekundärprävention erst nach 7 bis 10 Jahren zu erwarten sind. Im übrigen ist die Dosierung von 0,6 mg konjugiertem Östrogen zu niedrig, um bei kontinuierlicher Beigabe eines antiöstrogen wirksamen Gestagens (2,5 mg Medroxyprogesteronazetat = MPA) das nötige Durchschlagen einer ausreichenden Östrogenwirkung zu ermöglichen.
Die Notwendigkeit prospektiver randomisierter Doppeltblindstudien gegen Plazebo im Interesse einer „Evidence based medicine“ wird nicht geleugnet. Man muß aber auch die Probleme solcher Untersuchungen sehen.
Die Praxisferne solcher prospektiver Untersuchungen sei hier nur angedeutet: Niemand behandelt alle Frauen in der Postmenopause über Jahre unverändert und völlig schematisch mit nur 0,6 mg konjugiertem Östrogen plus 2,5 mg MPA. Die üblichen Maßnahmen in der Praxis, wie lndikationsstellung, Berücksichtigung von Kontraindikationen und Risikofaktoren sowie schließlich die unerläßliche Individualisierung der Behandlung mit personenbezogener Dosisanpassung zielen alle auf Risikominderung ab und machen die Qualität der Behandlung aus. Diese Qualität der Behandlung kommt aber in solchen Studien wie HERS überhaupt nicht zum Ausdruck.
Die Gefahr unangemessener kausaler Schlußfolgerungen aus den statistischen Daten solcher Untersuchungen bleibt leider weiterhin ein ungelöstes Problem. <<
Antwort: >> Rezidive nach akuten koronaren Ischämien sind am häufigsten während der ersten Monate. Insofern spricht die Laufzeit der HERS-Studie (4,1 Jahre) nicht gegen sie. Es ist aber die erste prospektive Studie dieser Art, die allerdings ein endgültiges Urteil noch nicht erlaubt. <<