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Schwierigkeiten mit der Rekrutierung von Patienten für randomisierte plazebokontrollierte Studien

Stellen Sie sich vor, sie werden als 55jährige Frau gefragt, ob Sie an einer prospektiven, plazebokontrollierten, randomisierten Studie von 10 Jahren Dauer teilnehmen wollen mit der Frage nach der Wirksamkeit einer postmenopausalen Östrogen/Gestagen-”Substitution“ und Sie haben die 1:1-Perspektive, in der Plazebo-Gruppe zu landen! Dies ist eine durchaus reale Situation. Um die Frage zu klären, wie die Bereitschaft zur Teilnahme an randomisierten kontrollierten Studien durch den Einschluß eines Plazebo-Arms beeinflußt wird, führten A.J. Welton et al. aus London in 10 Gruppen-Forschungspraxen des Medical Research Council eine Befragung von 436 postmenopausalen Frauen im Alter von 45 bis 64 Jahren durch (Brit. Med. J. 1999, 318, 1114). Zunächst wurden 2471 Patientinnen, die altersmäßig für eine Studie über die postmenopausale Hormontherapie in Frage kamen, angeschrieben, von denen 2021 antworteten. Bei einer ersten Visite wurde ihnen allgemein erklärt, welche Bedeutung eine solche Behandlung hat und welche Probleme damit verbunden sind. Das Thema Plazebo wurde noch nicht angesprochen. Schließlich blieben 436 postmenopausale Patientinnen übrig, die noch keine Hormone einnahmen und die grundsätzlich bereit waren, an einer solchen Studie teilzunehmen. Jeweils 218 Frauen wurde dann die Teilnahme an einer Studie vorgeschlagen, die einen Plazebo-Arm bzw. keinen Plazebo-Arm enthielt. Von diesen Frauen gaben 39% (n = 85) Zustimmung zur Teilnahme ohne Plazebo-Arm, aber nur 30% (n = 65) zu einer Studie mit Plazebo-Arm. Unabhängig von der Zugehörigkeit zu diesen beiden Gruppen waren die häufigsten Gründe für eine Bereitschaft zur Teilnahme an einer Studie die folgenden: Ich will der Forschung helfen; ich will Frauen für die Zukunft helfen; ich werde von der Behandlung profitieren (deutlich seltener in der ”Plazebo-Gruppe“); ich will helfen, Osteoporose zu verhindern; meine Gesundheit wird ständig überprüft; ich will helfen, Herzerkrankungen zu verhindern. Die wichtigsten Gründe für die Ablehnung der Teilnahme an einer Studie waren folgende: Ich möchte nicht, daß meine Periode wiederkommt; ich fühle mich zur Zeit gut; ich wüßte ja gar nicht, welche Tablette ich bekomme; ich möchte nicht in meine Natur eingreifen; ich möchte nicht unnötigerweise Medikamente nehmen; ich möchte kein unnötiges Gesundheitsrisiko eingehen. Viele Frauen gaben natürlich mehrere dieser Gründe an.

Fazit: Bei der Planung von Präventiv-Studien ist damit zu rechnen, daß der Einschluß eines Plazebo-Arms die Bereitschaft von Patienten/innen zur Teilnahme beeinträchtigt (was besonders bei lang dauernden Studien sehr verständlich ist).