Von Heinz Schilcher mit 110 Original-Monographien der Sachverständigen-Kommission E beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. 174 Seiten, 8 Tabellen, 7 Abbildungen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 1999. 56 DM.
Unkonventionelle Heilmethoden haben Konjunktur. In einer Welt, die zunehmend von Technik und Entfremdung von der Natur geprägt ist, gewinnen Heilmittel an Bedeutung, die den Eltern erkrankter Kinder Natürlichkeit und geringes Risiko von Nebenwirkungen suggerieren und außerdem die Möglichkeit von Autonomie durch Selbstmedikation signalisieren. Wenige unkonventionelle Verfahren sind jedoch in ihrem Ansatz rational begründet und in ihrer Wirksamkeit gesichert. Phytotherapie versteht sich selbst als naturwissenschaftlich begründet und tatsächlich stammen einige der heute verwandten wirksamen Medikamente ursprünglich von dort.
Das vorliegende Buch möchte einen Beitrag zur rationalen Phytotherapie leisten. Es will dem Arzt und Apotheker „das notwendige wissenschaftliche Rüstzeug für eine verantwortungsvolle und medizinisch vertretbare Selbstmedikation“ als Ergänzung zur üblichen Pharmakotherapie vermitteln.
Eine allgemeine Einführung umreißt den Standort des Autors. Einerseits werden beliebte Argumente für unkonventionelle Verfahren auch für die Phytotherapie in Anspruch genommen: niedrige Kosten, kausale statt symptomatische Therapie, wenig Nebenwirkungen. „Dokumentierte ärztliche Erfahrung“ wird gleichberechtigt neben das medizinische Experiment gestellt. Andererseits grenzt sich der Autor von der „Indikationslyrik“ der Volksmedizin ab und fordert Standardisierung von Phytopräparaten sowie die Beachtung ihrer therapeutischen Grenzen. Darüberhinaus nennt er einige allgemeine Regeln für die Selbstmedikation, wie indikationsgerechte Therapie und zeitliche Begrenzung bei fortbestehenden Beschwerden.
Zwei Kapitel zur Anwendung von Phytopharmaka bilden den Kern des Buches. Gegliedert nach 15 Indikationen zur äußeren und 30 Indikationen zur inneren Anwendung werden Phytotherapeutika vorgeschlagen, ihre Wirkung, Zubereitung, Dosierung, Anwendung und Nebenwirkung erläutert sowie Rezepturen angeboten. Auch umstrittene Anwendungen, wie z.B. Nachtkerzenöl bei Neurodermitis, finden Erwähnung. Die Untermauerung der behaupteten Wirksamkeit erfolgt gelegentlich durch Studien unterschiedlicher Qualität, mitunter sogar durch Berufung auf mündliche Erfahrungsberichte von Pädiatern.
Was macht das Buch pädiatrisch? In der Einleitung betont ein knapper Abschnitt zu Grundregeln der Phytotherapie bei Kindern die Relevanz von altersabhängiger Dosis und Pharmakokinetik. Den angehängten Kurzmonographien der Kommission E am früheren Bundesgesundheitsamt, die lediglich Dosierungen für Erwachsene enthalten, ist die allgemeine Empfehlung vorangestellt, die Hälfte der in den Monographien angegebenen Dosen für Schulkinder, ein Drittel für Klein- und Kleinstkinder zu geben.
Insgesamt ein praxisorientiertes Nachschlagewerk, das zwar dem Verbreitungsgrad phytotherapeutischer Medikamente in der Pädiatrie Rechnung trägt. Eine wissenschaftlich orientierte, kritische Distanz findet der Leser hier nur in Grenzen. Auch fehlt ein Nutzen-Risiko-Vergleich mit konventionellen Arzneimitteln.