Im Brit. Med. J. (1999, 318, 886) findet sich ein kurzer Übersichtsartikel von A. Kumar et al. aus Leeds, UK, in dem über den derzeitigen Stand der kombinierten Nieren- und Pankreas-Transpiantation bei terminal niereninsuffizienten Typ-1-Diabetikern berichtet wird. Der Diabetes mellitus (Typ 1 und 2) ist heutzutage diejenige Krankheit, die am häufigsten zum terminalen Nierenversagen und zur Dialyse- bzw. Nierentransplantations-Indikation führt. Obwohl das Einjahresüberleben eines Nierentransplantats bei Diabetikern ähnlich ist wie bei Nichtdiabetikern, ist die Letalität bei Diabetikern etwa dreimal höher als bei nichtdiabetischen Nierentransplantat-Empfängern. Das hängt mit der fortgeschrittenen Koronarsklerose, mit häufigerem plötzlichem Herztod infolge autonomer Neuropathie und mit vermehrter Infektanfälligkeit der Diabetiker zusammen. Auch strikte Blutzuckerkontrolle kann dieses Exzeß-Risiko nicht eliminieren. Eine Option, besondes bei jüngeren Typ-1-Diabetikern mit terminalem Nierenversagen, ist die kombinierte Nieren- und Pankreas-Transplantation. Insgesamt wurden weltweit seit 1980 etwa 9000 kombinierte Transplantationen durchgeführt, die meisten davon in den USA. Die Zahl der kombinierten Transplantationen beträgt in den USA zur Zeit etwa 1500 pro Jahr. In Großbritannien war man bisher; wahrscheinlich auch aus Kostengründen, gegenüber dieser Methode extrem reserviert, so daß insgesamt im UK kaum 200 kombinierte Transpantationen durchgeführt wurden. In Deutschland beträgt die Zahl insgesamt etwa 500 und z.Z. etwa 150/Jahr. Verbesserte Möglichkeiten zur Verhinderung der Transplantatabstoßung, z.B. durch Einsatz der neueren Immunsuppressiva Tacrolimus (Prograf; s.a. AMB 1993, 27, 57; 1994, 28, 69; 1995, 29, 64; Knoll, G.A., und Beil, R.C.: Brit. Med. J. 1999, 318, 1104) und Mycophenolat-Mofetil (CeII Cept) haben die Prognose des Transplantat-Überlebens jedoch verbessert. Während Nierentransplantate bei weiterhin mit Insulin behandelten Diabetikern nach einigen Jahren wiederum eine diabetische Nephropathie entwickeln und nach 10 Jahren aus diesem Grund nur noch selten funktionieren, ist die kombinierte Transplantation bei guter Funktion des Pankreas-Transplantats besonders günstig für die Funktion der transplantierten Niere. Die „Lebensqualität“ des erfolgreich kombiniert transplantierten Diabetikers verbessert sich entscheidend, da er wieder normal essen kann und Blutzuckerkontrollen und Insulininjektionen entfallen. Früher wurde der Ductus pankreaticus des Pankreastransplantats in die Blase implantiert, was häufig zu Miktionsbeschwerden und Zystitiden führte. Heute wird der Ductus pancreaticus meist in den Darm abgeleitet. Ein besonderer Fortschritt war die Ableitung der Pankreasvene in eine Vene des Pfortadersystems, nicht mehr in die V. cava oder V. iliaca. Der venöse Abfluß des orthotopen Pankreas mündet über die Vena lienalis in das Pfortadersystem, so daß das Insulin seine wichtige intrahepatische Wirkung (Suppression der Glukoneogenese usw.) entfalten kann. Bei Drainage des Pankreasvenenbluts in das periphere Venensystem kam es früher häufig zu Hypoglykämien wegen der hieraus resultierenden Hyperinsulinämie (die auch bei gut mit Insulin eingestellten Typ-1-Diabetikern besteht).
Grundsätzlich sollte heute bei jüngeren terminal niereninsuffizienten Diabetikern an die Möglichkeit der kombinierten Transplantation gedacht werden. Kontraindikationen sind fortgeschrittene makroangiopathische Veränderungen am Herzen, im Gehirn, an der Aorta und in den Extremitäten. Die Möglichkeit, eine solche aufwendige und teure Doppeltranspantation durchzuführen, sollte jedoch nicht von den wichtigsten Zielen in der Therapie des Diabetes mellitus ablenken: die sorgfältige, möglichst euglykämische Blutzuckereinstellung und die konsequente antihypertensive Behandlung, um Folgeerkrankungen zu verhindern.
Fazit: Die kombinierte Nieren- und Pankreastransplantation ist durch Fortschritte in der Transplantationschirurgie und durch verbesserte Möglichkeiten der Immunsuppression bei jüngeren terminal niereninsuffizienten Diabetikern heute eine Option, an die vor Durchführung einer isolierten Nierentransplantation in jedem Fall gedacht werden sollte (s.a. Smets, Y.F.C., et al.: Lancet 1999, 353, 1915).