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Galavit: Immunmodulator ohne bewiesene Wirksamkeit

Galavit, ein in Russland seit 1997 zugelassenes und dort in Apotheken frei verkäufliches Arzneimittel, hat in den vergangenen Monaten in den Medien großes Aufsehen erzeugt, da es von Protagonisten in Deutschland als Allheilmittel gegen Tumorerkrankungen angepriesen wurde. Obwohl inzwischen die Marketingstrategie für diese Substanz geändert wurde – aus einem Allheilmittel gegen Krebs wurde ein Immunmodulator (1) – und zahlreiche kritische Stellungnahmen erschienen sind, werden Onkologen weiterhin täglich mit Anfragen von Patienten, meistens mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen, zur Wirksamkeit von Galavit konfrontiert.

Galavit enthält nach Angaben des Herstellers in Russland, Medikor („Zentrum für moderne Medizin“), 2-Amino-1,2,3,4-tetrahydrophtalazin-1,4-dion-Natriumsalz. Von pharmazeutischer Seite wurde auf die weitgehende Übereinstimmung dieser als Neuentwicklung bezeichneten Substanz (1) mit Luminol (5-Amino-1,2,3,4-tetrahydrophtalazin-1,4-dion), einem klassischen, in H2O unlöslichen Reagenz zur Erzeugung von Chemilumineszenz, hingewiesen (2). Die folgenden Angaben zu Galavit beziehen sich auf Informationen des Arbeitskreises „Krebs-Immun-Therapie“ des „Europäischen Onkologie-Institutes Bad Karlshafen für Immundiagnostik, Immuntherapie und Protonenbestrahlung“ und sind im Internet nachzulesen (1). Dort finden sich auch kritische Hintergrund-Informationen zu bedenklichen Verflechtungen zwischen dem zuvor genannten Arbeitskreis, potenziellen Anbietern von Galavit in Deutschland (Euro Biogen Pharma AG, München) und Galavit einsetzenden Kliniken (z.B. Rehabilitationsklinik Carolinum KG, Bad Karlshafen; 3). Galavit wurde ursprünglich entwickelt, um russische Kosmonauten vor Erkrankungen des Immunsystems und gegen das auf Grund der Strahlenexposition erhöhte Krebsrisiko zu schützen. Inzwischen wurde nach nicht überprüfbaren Angaben, da wissenschaftliche Publikationen hierzu nicht vorliegen, Galavit auch bei etwa 50000 Patienten mit Tumorerkrankungen eingesetzt, wobei „das körpereigene Abwehrsystem gegen Krebszellen stimuliert, die Regenerationsfähigkeit des erkrankten Gewebes aktiviert, die Überlebenszeit der Patienten verlängert sowie deren Lebensqualität deutlich verbessert und in vielen Fällen das Wachstum des Primärtumors gestoppt sowie Neubildung von Metastasen verhindert worden sei“ (1). Die Substanz verfüge über „entzündungshemmende und immunregulatorische Eigenschaften“ (1). Die Wirksamkeit beruhe bei Krebserkrankungen auf einer „Stimulation und Vermehrung von Makrophagen“ sowie einer „Modulation der Basalmembran von Tumorzellen“ und daraus resultierender „Abwehrreaktion des gesamten zellulären Immunsystems gegen den Tumor“ (1). Als Indikationen für Galavit werden neben dem Einsatz bei Tumorerkrankungen u.a. auch akute und chronische Infektionen, entzündliche Erkrankungen, opportunistische Infektionen und Autoimmunerkrankungen genannt (1). Bis auf ganz seltene Unverträglichkeitsreaktionen seien keine unerwünschten Nebenwirkungen, in Einzelfällen jedoch eine leicht potenzsteigernde Wirkung aufgetreten. Als Gegenanzeigen gelten Schwangerschaft und Unverträglichkeitsreaktionen. Im Rahmen der Krebstherapie soll Galavit i.m. verabreicht werden, wobei die Regeldosis bei 15-20 Injektionen liegt. Diese Therapie kostet in Russland bei Bezug von 20 Injektionsflaschen zu je 100 mg Galavit beim Hersteller (Medikor) ca. 400 DM, und in Deutschland werden für 15 Ampullen ca. 9000 DM berechnet (3). Nach Angaben des Arbeitskreises „Krebs-Immun-Therapie“, in dem bezeichnenderweise auch der durch obskure Immuntherapiestrategien (4) berüchtigte Dr. Klehr aktiv ist, sind in einem Pauschalpreis von 16800 DM neben 15 Ampullen Galavit alle ärztlichen Nebenleistungen, wie Aufklärung (worüber?; alle Voraussetzungen zum Einholen eines „Informed consent“ fehlen), individuelle Beratung, Indikationsstellung sowie Verabreichung des Medikamentes enthalten. Galavit ist natürlich in Deutschland nicht zugelassen und daher auch nicht verkehrsfähig, da alle für die Entwicklung eines Arzneimittels erforderlichen präklinischen und klinischen (Phase I/II-) Studien fehlen. Galavit darf jedoch, da es sich um ein im Ausland registriertes Medikament handelt, nach § 73 Absatz 3 des Arzneimittelgesetzes legal nach Rezeptierung durch einen Arzt über eine internationale Apotheke für eine Einzelfallanwendung eingeführt werden. Die Kosten für die Behandlung werden in Deutschland von den Krankenkassen nicht übernommen.

Fazit: Von der Anwendung von Galavit, einer weiteren als „Immunmodulator bei Krebserkrankungen“ angepriesenen und in Deutschland sehr teuren Substanz, raten wir und die Deutsche Krebsgesellschaft (5) ausdrücklich ab. Hoffentlich werden die seit Jahren bekannten Schlupflöcher in unserem Arzneimittelgesetz für Substanzen, die im Ausland trotz fehlendem Wirksamkeitsnachweis zugelassen wurden, bald geschlossen und dadurch Ärzten, die mit derartigen Substanzen bei häufig schwer kranken Patienten Geschäfte machen, das Handwerk gelegt (6).

Literatur

1. http://www.galavit.de
2. Heber, D.: arznei-telegramm 2001, 32, 13.
3. http://www.galavitum.de
4. AMB 1993, 27, 64.
5. http://www.krebsgesellschaft.de
6. AMB 1997, 31, 33.