Extrakte aus Kava, der Wurzel der Pfefferpflanze Piper methysticum, werden auf den südpazifischen Inseln als narkotisches Getränk verwendet. Hauptbestandteile von Kava sind Laktone, die auch in Europa und in den USA als standardisierte Extrakte gegen Angstsymptome und innere Spannungen verkauft werden. Im Brit. Med. J. (2001, 322, 139) wurde jetzt über folgenden bemerkenswerten Fall berichtet:
Ein 50-jähriger Mann wurde in ein Genfer Krankenhaus wegen Ikterus eingewiesen. Seit einem Monat hatte er zunehmende Schwäche, ein Dunkelwerden der Haut und dunklen Urin bemerkt. Außer Angstsymptomen war der Patient bisher nicht krank gewesen. Er hatte seit 2 Monaten 4 Kapseln täglich eines Kava-Extraktes eingenommen. Die Tagesdosis enthielt etwa 210-280 mg Laktone (Präparat Laitain der Fa. Schwabe, Schweiz). Die empfohlene Höchstdosis war 3 Kapseln/d. Der Patient nahm keine weiteren Medikamente und trank keinen Alkohol. Er hatte eine extreme Erhöhung der Transaminasen, der Gamma-Glutamyltransferase, der Laktatdehydrogenase und des konjugierten Bilirubins. Die alkalische Phosphatase war mäßig erhöht. Die Prothrombinzeit war 25%. Eine infektiöse Hepatitis, gleich welcher Art, eine Thrombose der Pfortader und bzw. eine Lebervenenthrombose wurden ausgeschlossen. Der Zustand des Patienten verschlechterte sich innerhalb von zwei Tagen. Er entwickelte eine Grad-IV-Enzephalopathie, und der Quick-Wert fiel auf unter 10%. Er erhielt ein Lebertransplantat und erholte sich komplikationslos. Die Untersuchung der Leber zeigte ein atrophisches Organ mit schweren hepatozellulären Nekrosen und ausgedehnten lobulären sowie portalen Infiltrationen mit Lymphozyten und Eosinophilen.
Die hepatotoxische Wirkung großer Dosen von Kava-Extrakten ist bekannt. Dieser Patient nahm aber nur unwesentlich mehr als die empfohlene Höchstdosis. Der Fall zeigt erneut, daß pflanzliche Medikamente durchaus nicht harmlos sind, und daß es wichtig ist, bei unklaren Krankheitssymptomen die Patienten auch nach der Einnahme von „Over-the-counter“-Medikamenten zu befragen.
Fazit: Pflanzliche Medikamente, auch nicht rezeptpflichtige, können ähnlich wie chemisch definierte Substanzen zu schweren, mitunter potentiell tödlichen Nebenwirkungen führen.