Antagonisten des Tumor-Nekrose-Faktors alpha (TNF alpha; Infliximab = Remicade, Etanercept = Enbrel) werden z.B. – in verzweifelten Fällen – zur Behandlung der chronischen Polyarthritis und von Fisteln bei M. Crohn angewendet. Wir haben über Wirkungen und unerwünschte Wirkungen (UAW) berichtet (1, 2). Die dramatischste Komplikation ist die Reaktivierung einer Tuberkulose, auch mit tödlichem Verlauf. In der Fachinformation von Infliximab ist darüber hinaus Herzinsuffizienz als Kontraindikation genannt; bei Etanercept war das bis Ende vorigen Jahres nicht der Fall.
Bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz werden erhöhte Titer von TNF im Blut gefunden. Man hatte daher gedacht, auch dieses Syndrom könne man mit den Antagonisten günstig beeinflussen. Die entsprechenden Studien waren aber fehlgeschlagen und mußten abgebrochen werden, weil die Herzinsuffizienz sogar ungünstig beeinflusst wurde (3). Nun recherchierte die FDA in ihrer Datenbank (MedWatch), wie häufig Herzinsuffizienz als UAW gemeldet worden war (4). Sie fanden 47 Patienten, 38 mit neu aufgetretener Herzinsuffizienz und 9 mit Verschlimmerung. 19 Patienten hatten keine andere erkennbare Ursache, weder Koronare Herzkrankheit, Hypertonie noch Diabetes. Von den zehn Patienten, die ohne Vorerkrankung und jünger als 50 Jahre waren, hatten sechs Infliximab und vier Etanercept erhalten. Im Mittel hatte es 3,5 Monate gedauert bis die Herzinsuffizienz diagnostiziert worden war. Bei drei Patienten bildete sich die Herzinsuffizienz völlig zurück, bei sechs wurde sie wesentlich gebessert, einer starb.
Bei der Analyse von Daten eines Spontanerfassungssystems von UAW kann über den Kausalzusammenhang nie sicher Stellung genommen werden. Die hier beobachtete Häufung auch bei sonst gesunden jüngeren Menschen legt allerdings die Vermutung sehr nahe, daß es sich wirklich um UAW handelt. Diese Meinung vertritt auch die bekannte, unabhängige und kritische US-amerikanische Patienteninformation ”Worst Pills – Best Pills”, in der die Studie von Kwon ausführlich referiert und die UAW als bedeutsam herausgestellt wird (5).
Auch die Datenbank der gemeldeten UAW der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft enthält Hinweise auf Fälle mit Herz- oder Kreislaufversagen nach der Gabe von Infliximab und Etanercept. Nach Etanercept sind es 19 von 255 Fallberichten. In der Fachinformation wird Herzinsuffizienz nach Etanercept seit Januar 2003 als UAW und Kontraindikation genannt.
Literatur
- AMB 2002, 36, 6b.
- AMB 2000, 34, 61b.
- Louis, A., et al.: Eur. J. Heart Fail. 2001, 3, 381.
- Kwon, H.J., et al.: Ann. Intern. Med. 2003, 138, 807.
- Worst Pills-Best Pills 2003, 9, 49.