Prof. Dr. E.E. aus Köln schreibt (gekürzt) zu unserer Kleinen Mitteilung (AMB 2003, 37, 32a): >> Ich bin mit Ihrer Meinung absolut nicht einverstanden. Sie entspricht auch nicht Ihrer sonst so kritischen Art. Es ist nicht nur so, daß Ärzte und Pharmakologen wegen vieler Schweine-Innereien („Suis-Präparate“) und Merkwürdigkeiten aus der Schamanenmedizin diesen Gesetzentwurf der Gesundheitsministerin U. Schmidt ablehnen. Vielmehr sind unter diesen angeblich als ”zweckmäßig, notwendig und ausreichend” gelisteten Präparaten auch möglicherweise gefährliche Wirkstoffe enthalten, wie Bestandteile des zentralen Nervensystems von Kuh und Schwein (Cerebellum, Nervus olfactorius bovis etc.), deren BSE-Freiheit nicht gewährleistet ist, aber auch Gifte (Aflatoxin, Parathionum = E605, Knollenblätterpilz und andere mehr). Ein Fall für den Verbraucherschutz! Daneben macht sich die darin ebenfalls erwähnte Edelsteintherapie nach Hildegard von Bingen (1098-1179) mit Onyx, Opal, Diamant oder Saphir als geradezu liebenswert und harmlos aus. Wenn die rot-grüne Fraktion diese Liste in den nächsten Monaten tatsächlich durch den Bundestag bringt, macht sie die wissenschaftliche deutsche Medizin in der Welt lächerlich. Alle aus dem Hauptteil verbannten unwirksamen oder ungeprüften Stoffe (Convallaria majalis, Adonis vernalis, Strophanthin, Crataegutt etc. etc.) sind in den Anhängen ja wieder aufgelistet und können dementsprechend auch zu Lasten der Kassen verordnet werden. Gerne wette ich mit Ihnen, daß zu gegebener Zeit die Industrie diese „Hintertür“ finden und ausnutzen wird. Deshalb bin ich für eine „ordentliche“ Positivliste, nicht aber dies! <<
Prof. Dr. M.A. aus Bremerhaven schreibt (gekürzt): >> In Ihrem Beitrag sprechen Sie bei den Homöopathika, Anthroposophika und Phytotherapeutika von Medikamenten, die seit „eh und je einen besonders geschützten Status in der Arzneimittelgesetzgebung haben“. Der besondere Schutz begann jedoch erst zu Beginn der 70er Jahre mit dem unheilvollen Konstrukt der Binnenanerkennung, und es gibt keinerlei Grund, in Zeiten abnehmender Ressourcen diesen Luxus nicht erneut zur Diskussion zu stellen. Neu ist nämlich, daß er verpflichtend von der Solidargemeinschaft finanziert werden soll. Das wirtschaftliche Volumen wird heute auf eine Milliarde EUR geschätzt. Das ist nicht gering und wer sagt uns, daß es nicht größer wird, wenn man erst einmal den Zugang zu den Töpfen gefunden hat.
Ihr Bild von der Appendix ist treffend. Es zeigt die Heimtücke des Organs. Todesfälle treten nämlich vor allem dann auf, wenn die Appendix perforiert. Die Gefahr der Perforation wollen Sie aber offenbar nicht wahr haben. <<
Antwort: >> Wir sind mit Ihnen völlig einig, daß viele Medikamente der besonderen Therapierichtungen jeder Rationalität entbehren und daß ihre Verkehrsfähigkeit eine teure Schande für die deutsche Medizin ist, die sobald wie möglich beseitigt werden muß. Wir leben aber leider nicht in einem aufgeklärten, sondern in einem Lobbyismus-Zeitalter. Massive Einflußnahme der Pharmaindustrie auf die politische Meinungsbildung hat nämlich bisher verhindert, daß es eine Arzneimittel-Positivliste in Deutschland gibt. Auch in der augenblicklichen Diskussion lehnt der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie diese Positivliste kategorisch ab. Der Vorsitzende der Chemiegewerkschaft und Bundestagsabgeordnete aus Chemieindustrie-Regionen stimmen in diesen mächtigen Chor ein (s. Pharma-Brief 2, 2003). Sie freuen sich, wenn es jetzt Widerstand auch aus dem Lager der Ärzte gibt. Wir befürchten, daß es ihnen gelingt, diesen Eindruck in der Öffentlichkeit zu erwecken. Wir brauchen aber eine Positivliste. Das muß der Inhalt ärztlicher Stellungnahmen sein, nicht vorrangig die Kritik an Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen, die auf der Basis gesonderter Gesetzgebungsverfahren früherer Jahre als Appendix in die Liste kamen und in einem gesonderten Gesetzgebungsverfahren auch sobald wie möglich wieder daraus verschwinden müssen. Jetzt ist nicht die Zeit, gegen den historischen Unfug im Anhang zu opponieren, jetzt ist die Zeit, die Geburt der Liste – trotz Appendix – zu begrüßen. <<