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Mutanten des betaadrenergen Rezeptors bestimmen die Wirkung von Albuterol auf den Atemwegswiderstand beim Asthma bronchiale

Bei ca. 16% der Asthma-Patienten in den USA und bei einem noch höheren Prozentsatz von Asthma-Patienten afrikanischer Abstammung ist das für den Beta2-Rezeptor kodierende Gen homozygot kodierend für die Aminosäure Arginin statt Glycin an Stelle 16 der Proteinkette. Frühere Studien ergaben, daß Asthmatiker mit der Arg/Arg-Konstellation auf inhalative Beta2-Mimetika anders reagieren als Gly/Gly-Patienten. E. Israel et al. aus verschiedenen Asthmazentren in den USA führten im Rahmen des National Heart, Lung, and Blood Institute’s Asthma Clinical Research Network folgende Studie durch (1):

41 Patienten mit mildem Asthma und dem Beta2-Rezeptor-„Wildtyp” Gly/Gly wurden mit 37 Arg/Arg-Patienten (mit annähernd gleichem forciertem expiratorischem Erst-Sekunden-Volumen) in eine Studie eingeschlossen. Alle Patienten hatten bisher nur bei Bedarf inhalative Beta2-Agonisten benutzt. Während einer sechswöchigen „Run-in”-Periode wurde die Benutzung von Beta2-Agonisten auf ein Minimum beschränkt. Es folgte ein doppeltblinder Crossover-Vergleich von viermal 2 Hüben zu 90 µg Albuterol pro Tag versus Plazebo. Als Notfall-Medikation durfte während der ganzen Studie ein Ipratropiumbromid-Spray (Parasympathikomimetikum) benutzt werden, bei starker Atemnot aber auch ein Albuterol-Spray. Die Probanden maßen jeden Morgen ihre „Peak expiratory flow rate” (PEFR), die in Liter pro Minute angegeben wird. Darüberhinaus wurden in der Klinik regelmäßig spirometrische Untersuchungen durchgeführt und Symptomprotokolle abgegeben.

Die Ergebnisse können nur gekürzt wiedergegeben werden. Während der „Run-in”-Phase, als die Albuterol-Medikation stark beschränkt war, verbesserte sich die PEFR in der Arg/Arg-Gruppe um 23 Liter/Min. (p = 0,016), während sie sich bei Gly/Gly-Status nicht änderte (2 Liter/Min.; p = 0,84). Während der randomisierten Phasen nahm bei den Gly/Gly-Patienten die PEFR unter Albuterol im Vergleich mit Plazebo um 14 Liter/Min. zu (p = 0,0175), während sie in der Arg/Arg-Gruppe unter Albuterol im Vergleich mit Plazebo um 10 Liter/Min. abnahm (p = 0,021). Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen betrug demnach unter Albuterol im Vergleich mit Plazebo 24 Liter (Konfidenzintervall = CI: -37 bis -12 für Arg/Arg; p = 0,0003). Diese Unterschiede kamen auch im Symptom-Protokoll zum Ausdruck. Erstaunlicherweise stellten sich die Unterschiede zwischen den Gruppen in der randomisierten Behandlungsphase erst allmählich ein und klangen während der „Washout”- = „Run-out”-Phasen innerhalb von Wochen wieder ab.

Die Autoren und die Verfasser eines Kommentars (2) sind der Meinung, daß diese Ergebnisse weitreichende Konsequenzen für die Asthmatherapie mit Beta2-Agonisten haben können. Allerdings können sie sich die langanhaltenden Therapieeffekte nicht erklären. Sie wissen auch nicht, ob die unterschiedliche Wirkung von Albuterol bei Arg/Arg und Gly/Gly 16 auf Konformationsänderungen des Rezeptors als Folge der Arg/Arg-Mutation beruht oder auf anderen Polymorphismen, die sich mit dieser Mutation in „Linkage disequilibrium” befinden. Auch sei nicht sicher, ob das Ergebnis bei Verwendung eines anderen Beta2-Agonisten ähnlich gewesen wäre.

Fazit: Dies ist ein sehr interessantes Beispiel von vermutlich therapeutisch relevanter Pharmakogenetik. Vielleicht werden wir in einigen Jahren bei Asthmatikern den Beta2-Rezeptor genotypisieren lassen müssen, bevor wir ihnen Beta2-Mimetika verschreiben.

Literatur

  1. Israel, E., et al.: Lancet 2004, 364, 1505.
  2. Tattersfield, A.E., und Hall, I.P.: Lancet 2004, 364, 1464.