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Orales Ciprofloxacin vermindert Wirkung einer L-Thyroxin-Medikation

Im British Medical Journal werden folgende interessante Kasuistiken unter der Rubrik Drug Points referiert (1):

Eine 80-jährige Frau nahm wegen eines fortgeschrittenen Schilddrüsenkarzinoms zwecks TSH-Suppression seit April 2003 täglich 125 µg L-Thyroxin (T4) ein. Damit war die TSH-Konzentration im Blut unmessbar niedrig. Ab Ende Dezember 2003 wurde die Patientin wegen einer Osteomyelitis mit zweimal täglich 750 mg Ciprofloxacin oral sowie iv. mit Dicloxacillin behandelt. Nach vier Wochen klagte sie über große Müdigkeit. Das TSH war auf 44 mIU/l (normal 0,4 bis 4,4 mIU/l) angestiegen, und die Konzentrationen von freiem T3 und T4 im Serum waren stark erniedrigt, obwohl die Patientin das T4 regelmäßig eingenommen hatte. Nach Absetzen von Ciprofloxacin ohne Änderung anderer Medikationen normalisierten sich die Schilddrüsenhormonwerte und das TSH im Serum.

Eine 78-jährige Frau mit Hypothyreose und anderen Erkrankungen, die bei täglicher Einnahme von 150 µg T4 ein Serum-TSH von 1,6 mIU/l und ein hochnormales T4 hatte, wurde wegen einer Wundinfektion nach Beinamputation mit zweimal täglich 500 mg Ciprofloxacin behandelt. Andere Ko-Medikationen blieben unverändert. Nach drei Wochen war TSH auf 19 mIU/l angestiegen und T4 auf einen niedrignormalen Wert abgefallen. Nachdem zwischen der morgendlichen nüchternen Einnahme von T4 und der ersten Tagesdosis Ciprofloxacin eine Pause von sechs Stunden eingelegt worden war, normalisierten sich TSH- und T4-Werte bei ansonsten unveränderter Medikation.

Die Autoren halten eine Hemmung der Resorption von T4 durch gleichzeitig verabreichtes Ciprofloxacin für den wahrscheinlichsten Mechanismus der hier beschriebenen Interaktion. Von anderen Medikamenten wie Antazida, Abführmitteln, Colestipol, Colestyramin, Eisensulfat, Sucralfat und Raloxifen sei eine Hemmung der Resorption von T4 bereits bekannt (2, 3, 4).

Fazit: L-Thyroxin sollte morgens nüchtern mindestens 30 Minuten vor dem Frühstück (5) und einige Stunden vor der Einnahme anderer Medikamente, die die T4-Resorption hemmen können, eingenommen werden. Zu diesen Medikamenten gehört offenbar auch Ciprofloxacin. Berichte zu anderen Chinolonen liegen nicht vor.

Literatur

  1. Cooper, J.G., et al.: Brit. Med. J. 2005, 330, 1002.
  2. Mersebach, H., et al.: Pharmacol. Toxicol. 1999, 84, 107.
  3. Surks, M.I., und Sievert, R.: N. Engl. J. Med. 1995, 333, 1688.
  4. Siraj, E.S., et al.: Arch. Intern. Med. 2003, 163, 1367.
  5. AMB 1997, 31, 89.