Im August 2006 haben wir in einem Hauptartikel zur „Hormonersatz-Therapie” auch zur Wirksamkeit von Phytotherapeutika bei klimakterischen Hitzewallungen und Schwitzen Stellung genommen und insgesamt von deren Anwendung abgeraten, auch wenn es einige fraglich und marginal positive Studien zu Soja-Produkten und Traubensilberkerzen-Extrakten (Cimicifuga) gibt (1). Bisher dauerten die Studien mit Phytotherapeutika bei klimakterischen Beschwerden drei bis maximal sechs Monate (2).
Jetzt veröffentlichten K.M. Newton et al. (3) aus Seattle, USA, eine nur mit öffentlichen Mitteln finanzierte Studie von 12 Monaten Dauer, in die 351 Frauen im Alter zwischen 45 und 55 Jahren, die in der Perimenopause oder frühen Postmenopause mindestens zwei Vasomotor-Symptome pro Tag (Hitzewallungen und nächtliches Schwitzen) hatten, eingeschlossen wurden. In den fünf Behandlungsgruppen war die mittlere Zahl der Vasomotor-Symptome 6-7 pro Tag.
Die Frauen wurden in folgende Therapiegruppen randomisiert:
1. Traubensilberkerze („Black cohosh”), 160 mg/d Ethanolextrakt. Der Triterpen-Glykosid-Gehalt war etwas höher als in dem Isopropylalkohol-Extrakt des deutschen Präparats Remifemin® (Schaper und Brümmer, Salzgitter).
2. Ein „Multibotanical”, das ebenfalls Traubensilberkerze und Extrakte von neun weiteren Pflanzen enthielt und das von amerikanischen „Naturopathen” häufig verordnet wird.
3. Das selbe „Multibotanical” plus schriftliche und mündliche Empfehlungen zum täglichen Verzehr einer bestimmten Menge Sojabohnen-Produkte (12-20 g Protein/d). Frauen der anderen Gruppen wurden in ähnlicher Weise beraten, jedoch mit dem Ziel, mehr Gemüse und Obst als zuvor zu essen. Bei späteren Visiten durfte die Art der Beratung von den Frauen gegenüber dem Studienpersonal nicht entblindet werden.
4. Konjugierte Stutenharn-Östrogene (0,625 mg/d) mit oder ohne (bei Zustand nach Hysterektomie) Gestagen (2,5 mg/d Medroxyprogesteron).
5. Plazebo. Extrakte, Hormone oder Plazebo wurden in ähnlich aussehenden Kapseln verabreicht.
Die Studie war doppeltblind und randomisiert. Zu Beginn sowie nach 3, 6 und 12 Monaten wurde die Zahl der Vasomotor-Symptome erfragt und zusätzlich der Grad der Beschwerden mit einer „Wiklund vasomotor symptom subscale” ermittelt. Die Compliance hinsichtlich Einnahme der Präparate war gut und lag in allen Gruppen zwischen 82% und 88%. Bei der Endbefragung von Gruppe 3 blieb aber der Soja-Konsum unter dem angestrebten Ziel.
Schon nach drei Monaten war die Zahl der Vasomotor-Symptome in Gruppe 4 von ca. 7 pro Tag auf ca. 1 gesunken, in den anderen Gruppen ohne Unterschied zu Plazebo auf 4,5 bis 5,5. Dieser Effekt hielt mit geringen Variationen bis zu 12 Monaten an. In der Wiklund-Skala nahmen Intensität bzw. Zahl der Symptome in den Nicht-Hormongruppen zwischen 3 und 12 Monaten noch geringfügig ab, d.h., alle Therapien bis auf die sehr effektive Hormontherapie waren nicht signifikant von Plazebo verschieden. Die Zahl der Frauen in der Hormongruppe war relativ klein, da nach Bekanntwerden der Ergebnisse der WHI-Studien (s. 1) auf eine weitere Randomisierung in Gruppe 4 aus vermeintlichen Sicherheitsgründen verzichtet wurde und weil die Wirksamkeit von Östrogenen/(Gestagenen) bei dieser Indikation keinem Zweifel unterliegt. Entscheidend an den Ergebnissen der hier vorgestellten Studie ist jedoch die fehlende Wirkung aller Nicht-Hormon-Therapien auf die klimakterischen Symptome. Dass die Zahl der Symptome nach drei Monaten unter Plazebo und in allen Nicht-Hormon-Gruppen zurückgeht, ist auch aus anderen plazebokontrollierten Studien geläufig. Dies ist wohl teilweise eine spontane zeitbedingte Abnahme, vermutlich aber – weil etwas geschieht – noch mehr auf die Zuversicht auf Besserung zurückzuführen. Die Studie wird in der gleichen Zeitschrift kompetent von C.M. Mangione aus Los Angeles kommentiert. Er weist darauf hin, dass die Suche nach alternativen Therapien zur Hormonbehandlung starker klimakterischer Symptome weiterhin indiziert ist (4).
Fazit: Wie auch in den meisten zuvor veröffentlichten Studien war in dieser längsten bisher publizierten, prospektiven, randomisierten, plazebokontrollierten Studie (12 Monate) die Behandlung klimakterischer Symptome mit Phytotherapeutika (Traubensilberkerze, „Multibotanicals” mit oder ohne Soja-Produkten) nicht wirksamer als Plazebo. Auch wenn bei Phytopharmaka ein Rückschluss auf andere Präparate aufgrund fehlender Bioäquivalenzstudien problematisch ist, raten wir weiterhin von der Verordnung solcher Präparate ab, insbesondere von Traubensilberkerzen-Extrakten wegen der möglichen hepatotoxischen UAW.
Literatur
- AMB 2006, 40, 57. Link zur Quelle
- Therapieempfehlungen der AKdÄ zur Hormontherapie im Klimakterium. Arzneiverordnung in der Praxis, 1. Auflage 2003.
- Newton, K.M., et al.: Ann. Intern. Med. 2006, 145, 869. Link zur Quelle
- Mangione, C.M.: Ann. Intern. Med. 2006, 145, 924. Link zur Quelle