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Zentral-venöse Katheter: Infektionsrisiko bei Rifampicin-Minocyclin-freisetzenden gegenüber Silber-Platin-Karbon-imprägnierten

Infektionen, die mit zentral-venösen Kathetern (ZVK) assoziiert sind (KAI), treten bei 3%-8% der Intensivpatienten auf. Sie verursachen in den USA jährlich Kosten von 300 Mio. bis 2,3 Milliarden $ bei 80.000 Patienten (1-4). Diese Infektionen verlängern in der Regel den Aufenthalt auf der Intensivstation und erhöhen die Letalität um 10%-35% (1, 5, 6). Der Nutzen antimikrobiell beschichteter Katheter ist umstritten. Viele Studien zu diesem Thema sind wegen ihrer unzureichenden Größe und ihrer Methodik nicht aussagekräftig. Eine größere randomisierte Studie fand, dass Chlorhexidin-Silber-Sulfadiazin (CSSD)-beschichtete ZVK (Arrowgard Blue, Arrow International, Reading, PA, USA) konventionellen ZVK hinsichtlich der Inzidenz von KAI überlegen sind (7). Dieser Befund wurde auch durch eine Metaanalyse gestützt (8). Eine zweite Strategie, KAI zu vermindern, ist die Beschichtung des ZVK mit Antibiotika, wie z.B. mit Rifampicin plus Minocyclin (= RM; Spectrum, Cook Critical Care, Bloomington, IN, USA). Die Hersteller dieser RM-beschichteten ZVK berichteten über eine ca. 30%ige Reduktion des Risikos einer Katheterbesiedlung und über eine 10%ige Reduktion einer KAI gegenüber CSSD-beschichteten ZVK (9). Neuerdings wurden ZVK unter der Verwendung von Silber, Platin und Karbon (SPC) entwickelt, die über einen längeren Zeitraum Silberionen nach außen und innen abgeben (Vantex, Edwards Lifesciences, Irvine, CA). Der bakterizide Effekt von Silberionen beruht wahrscheinlich auf Blockierung der oxidativen Phosphorylierung und der Bindung an die DNS-Helix der Bakterien (10). Ziel einer größeren, monozentrischen, randomisierten, prospektiven Studie war es, die Inzidenz der bakteriellen Besiedlung und von KAI zwischen SPC- und RM-beschichteten Kathetern bei Intensivpatienten zu vergleichen (11).

Die Studie wurde auf einer Intensivstation in Queensland, Australien, durchgeführt. Es wurden 646 Katheter-Implantationen eingeschlossen mit 319 RM-beschichteten und 327 SPC-beschichteten ZVK. Bei 574 ZVK (280 in der RM- und 294 in der SPC-Gruppe) waren die mikrobiologischen Befunde verfügbar. Blutkulturen und Kulturen von der ZVK-Spitze waren in beiden Gruppen fast gleich häufig verfügbar: ZVK-Spitze plus Blutkultur: bei 224 in der RM- und bei 241 in der SPC-Gruppe. Interessanterweise wurden die meisten ZVK (75%) über die V. subclavia eingelegt ohne Unterschiede in den beiden Gruppen. Auch die Liegedauer der ZVK war in beiden Gruppen nicht unterschiedlich (149,4 Stunden in der SPC-Gruppe und 149,9 Stunden in der RM-Gruppe). KAI (definiert als Katheter-assoziierte Bakteriämie oder Sepsis) waren in beiden Gruppen gleich häufig (RM: 4 = 1,4% vs. SPC: 5 = 1,7%). Insgesamt war die Inzidenz in beiden Gruppen sehr niedrig, was für die Sorgfalt bei der ZVK-Anlage und -Pflege spricht. Die Liegedauer der ZVK bis zur Entfernung wegen einer Infektion war in beiden Gruppen gleich lang. Nur für die Häufigkeit der bakteriellen Besiedlung gab es einen statistischen Vorteil für den MR-beschichteten Katheter (RM: 25 = 8,95% vs. SPC: 43 = 14,6%; p = 0,039). Dieser Vorteil sollte aber nicht überbewertet werden, weil durch die lange und geringe Abgabe der beiden Antibiotika in die Blutbahn Resistenzen induziert werden können (7, 12, 13). Außerdem wurde sowohl in dieser, wie schon in anderen Studien, über eine häufigere Besiedlung der RM-beschichteten ZVK mit Candida-Spezies berichtet (9, 14, 15, 16). In einer anderen, sehr sorgfältigen Studie fand sich beim Vergleich konventioneller ZVK mit RM-beschichteten ZVK hinsichtlich der KAI kein Unterschied (16). Diese Studie unterstreicht erneut, dass es keine guten Gründe gibt, Antibiotika-beschichtete ZVK zu propagieren.

Fazit: Dass die Antibiotika-imprägnierten ZVK (ca. doppelt so teuer wie konventionelle) hinsichtlich Katheter-assoziierter Infektionen bei Intensivpatienten Vorteile hätten, ist bisher nicht überzeugend belegt. Das Einhalten der Hygienevorschriften bei der Anlage und eine kurze Dauer der Prozedur sind für die Reduktion von Infektionen wesentlich wichtiger.

Literatur

  1. Darouiche, R.O.: Clin. Infect. Dis. 2001, 33, 1567. Link zur Quelle
  2. Crnich, C.J., und Maki, D.G.: Clin. Infect. Dis. 2002, 34, 1232. Link zur Quelle
  3. Mermel, L.: Lancet 2003, 361, 1562. Link zur Quelle
  4. Mermel, L.: Ann. Intern. Med. 2000, 132, 391. Link zur Quelle
  5. Pittet, D., et al.: JAMA 1994, 271, 1598. Link zur Quelle
  6. Renaud, B., und Brun-Buisson, C.: Am. J. Respir. Crit. Care Med. 2001, 163, 1584. Link zur Quelle
  7. Farr, B.M.: Clin. Infect. Dis. 2001, 33, 1733. Link zur Quelle
  8. McConnell, S.A., et al.: Clin. Infect. Dis. 2003, 37, 65. Link zur Quelle
  9. Darouiche, R.O., et al.: N. Engl. J. Med. 1999, 340, 1. Link zur Quelle
  10. Guggenbichler, J.P., et al.: Infection. 1999, 27, S16. Link zur Quelle
  11. Fraenkel, D., et. al.: Crit. Care Med. 2006, 34, 668. Link zur Quelle
  12. dos Santos, C.C., et al.: Intensive Care Med. 2000, 26, 246. Link zur Quelle
  13. Sampath, L.A., et al.: Infect. Control. Hosp. Epidemiol. 2001, 22, 640. Link zur Quelle
  14. Raad, I., et al.: Ann. Intern. Med. 1997, 127, 267. Link zur Quelle
  15. Marik, P.E., et al.: Crit. Care Med. 1999, 27, 1128. Link zur Quelle
  16. Leon, C., et al.: Intensive Care Med. 2004, 30, 1891. Link zur Quelle