Artikel herunterladen

Leserbrief

Gabe von Selen bei Hashimoto-Thyreoiditis?

Frage von Frau Dr. U.R. aus Villingen-Schwennnigen: >> Viele meiner Patienten, die auf Schilddrüsenerkrankungen getestet werden, haben Antikörper gegen Schilddrüsengewebe. Es gibt Empfehlungen, in solchen Fällen Selen in einer Dosis von 200-300 µg zu verordnen. Die Selentabletten sind nicht billig. Gibt es Studien, die einen positiven Effekt der Selensubstitution belegen und ist eventuell mit negativen Folgen zu rechnen wie bei sehr hoher Dosierung mancher Vitamine? <<

Antwort: >> Selen ist in Form des Selenomethionins ein essenzieller Bestandteil der Glutathionperoxidase und der Jodthyronin-Selenodejodase, die Thyroxin (T4) zu Trijodthyronin (T3) konvertiert. Bei Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis sind Antikörper gegen Schilddrüsen(thyroid)-Peroxidase (TPO-AK) nachzuweisen. Diese Patienten (meist Frauen) haben ein erhebliches Risiko, mehr oder weniger schnell eine primäre Hypothyreose zu entwickeln. In mehreren Therapiestudien von allerdings kurzer Dauer (bis zu neun Monaten) konnte nachgewiesen werden, dass die tägliche orale Gabe von 200 µg Natrium-Selenit oder 200 µg Selenomethionin im Vergleich mit Plazebo zu einem deutlichen Abfall des TPO-AK-Titers führt (1, 2). Ob eine Fortsetzung dieser Therapie den Eintritt einer Hypothyreose verzögert oder gar verhindert, ist nicht bekannt.

Schwangere Frauen mit erhöhten TPO-AK-Werten haben ein erhöhtes Risiko, postpartal eine klinisch relevante Autoimmun-Hypo- oder -Hyperthyreose zu entwickeln. R. Negro et al. (3) berichteten kürzlich über eine plazebokontrollierte Studie an 151 schwangeren Frauen mit erhöhten TPO-AK, die entweder 200 µg Selenomethionin/d oder Plazebo in der Schwangerschaft und in der postpartalen Periode einnahmen. Sowohl die Häufigkeit postpartaler Schilddrüsenfunktionsstörungen (erhöhtes oder supprimiertes TSH) als auch die Häufigkeit permanenter Hypothyreosen, etwa ein Jahr nach der Entbindung, wurden durch die Seleneinnahme fast halbiert. Dieses Ergebnis bedarf der Bestätigung durch andere Untersucher. Die Einnahme von 100-300 µg einer Selenverbindung/d gilt als „sicher”, d.h. frei von UAW. <<

Literatur

  1. Duntas, L.H., et al.: Eur. J. Endocrinol. 2003, 148, 389. Link zur Quelle
  2. Gärtner, R., und Gasnier, B.C.: Biofactors 2003, 19, 165. Link zur Quelle
  3. Negro, R., et al.: J. Clin. Endocrinol. Metab. 2007, 92, 1263. Link zur Quelle