Von ungeklärter Infertilität spricht man, wenn ein Paar 12 Monate lang ungeschützten Geschlechtsverkehr hatte, ohne dass es zu einer Schwangerschaft gekommen ist und wenn bekannte Konzeptionshindernisse wie Anovulation, Tubenverschluss, Hyperandrogenämie der Frau oder Oligo-/Azoospermie beim Partner ausgeschlossen wurden. Wenn solche Paare ärztliche Hilfe wegen Kinderwunsch suchen, gibt es in der niedrigsten Interventionsstufe zwei wenig aufwendige und nicht sehr teure Behandlungsmöglichkeiten: Das Antiöstrogen Clomifen oder die intrauterine Insemination.
Im BMJ erschien kürzlich der Bericht über eine umfangreiche, pragmatische, randomisierte, kontrollierte Studie, in die von 2001 bis 2005 insgesamt 580 Frauen aus vier Lehrkrankenhäusern und einem großen Distrikt-Hospital in Schottland eingeschlossen wurden (1). Voraussetzungen für den Einschluss waren zwei Jahre Infertilität und die oben genannten Kriterien. Frauen mit minimaler Endometriose und mit Partnern, deren Prozentsatz beweglicher Spermien an der unteren Normgrenze lag, konnten auch eingeschlossen werden.
193 Frauen waren in einer Gruppe, die lediglich hinsichtlich regelmäßigen Geschlechtsverkehrs beraten wurden (Expectant management, Gruppe A). 194 Frauen der Gruppe B nahmen vom zweiten bis sechsten Tag bei jedem Menstruationszyklus (Tag 1 = erster Tag der Regelblutung) je 50 mg Clomifen-Zitrat ein. Clomifen inhibiert den Feedback von Östrogenen auf Hypothalamus und Hypophyse und steigert die Sekretion von Gonadotropinen. Bei 193 Frauen der Gruppe C wurde in der Zyklusmitte, nachdem ein Urintest den beginnenden Anstieg der LH-Sekretion angezeigt hatte, eine einzige künstliche Insemination durchgeführt, bei der eine konzentrierte Aufschwemmung von Spermien des Partners mit einem Katheter in den Uterusfundus appliziert wurde. Die Behandlungsdauer war sechs Monate. Hauptendpunkt war die Zahl lebender Kinder. Ein sekundärer Endpunkt war die Akzeptanz des Procedere durch die Patientinnen.
In den Gruppen A, B, C kam es bei 32 (17%), 26 (14%) und 43 (23%) Frauen zu einer Geburt mit lebendem Kind. Statistisch waren die Ergebnisse mit Clomifen bzw. Insemination nicht signifikant vom (weiteren) Zuwarten verschieden. Allerdings fanden mehr Frauen in den aktiven Behandlungsgruppen (94% bzw. 96%) das Prozedere akzeptabel als in der Gruppe A (80%), ohne dass allerdings Unterschiede in einer Befragungsskala hinsichtlich psychischer Depression zu erkennen waren.
Die Autoren schließen hieraus, dass sich die beiden Interventionen bei Frauen mit ungeklärter Infertilität eigentlich nicht lohnen. In einem Kommentar zu dieser wichtigen Arbeit empfehlen die Autoren El Toukhy und Khalaf aus London (2) folgendes Vorgehen: Bei Frauen < 36 Jahren mit Infertilität über drei Jahre, sollte beraten und weitere 6-12 Monate abgewartet werden, besonders, wenn die Frau früher schon schwanger gewesen ist. Bei höherem Alter der Frau und längerer Infertilität sollte individuell aktiv vorgegangen werden, wobei die In-vitro-Fertilisation den größten Erfolg verspricht.
Dem exzellenten und immer wieder aktualisierten Fortbildungssystem „UpToDate” hier zum Thema „Treatment of unexplained infertility” (3) entnehmen wir die Tab. 1, die sich auf einen Zyklus bezieht.
Fazit: Eine umfangreiche, pragmatische, kontrollierte Studie in Schottland ergab, dass bei ungeklärter Infertilität der Versuch einer Ovulationsauslösung mit Clomifen (eigentlich unlogisch, da Ovulationen vorhanden) die Fertilität nicht verbessert und dass intrauterine Inseminationen (ohne Stimulation der Ovulation) die Zahl der Lebendgeburten nur insignifikant erhöht im Vergleich mit weiterem Abwarten.
Literatur
- Bhattacharya, S., et al.: BMJ 2008, 337, a716. Link zur Quelle
- El-Toukhy, T.A., und Khalaf, Y.: BMJ 2008, 337, a772. Link zur Quelle
- www.uptodateonline.com Link zur Quelle (zugänglich nur mit Abonnement).